Die Förstereien und Aufgabenschwerpunkte sind so unterschiedlich wie die Waldbilder und Größen der Betriebe. Denn an der Westküste ist die Lage eine völlig andere als im Herzogtum Lauenburg. Im Teil 11 der Serie geht es genau dorthin in den Süden, wo die Februarstürme eine große Verwüstung angerichtet haben.
Schleswig-Holstein ist mit rund 11 % das waldärmste Bundesland. Über 50 % davon sind Privatwälder und zirka 15 % Kommunalwald, zusammen rund 100.000 ha. Ihre Bezirksförster sind erste zuständige Ansprechpartner vor Ort in allen Belangen rund um den Wald. Wer zu Bezirksförster Dirk Sauer fährt, ist im waldreichsten Kreis Schleswig-Holsteins unterwegs. 26 % Waldanteil gibt es dort im Vergleich mit etwa 4 % in Nordfriesland.
Besucht man Sauer, passiert man das Gewerbegebiet Waldstadt und fährt durch grüne Laubwälder. Der 55-Jährige hat sich Zeit genommen, obwohl er gerade vor einer Mammutaufgabe steht. Es ist vielleicht sogar die größte in seinem Berufsleben: Der Februarsturm hat in seinem Kreis, in Ostholstein und in Stormarn, man kann durchaus sagen: gewütet. Allein im Herzogtum Lauenburg gilt es in den verschiedenen Waldbesitzarten über 150.000 fm Holz aufzuarbeiten, und dabei ist Eile geboten, damit der Borkenkäfer es nicht nutzt und von dort in die noch gesunden Bäume fliegt und sie schädigt.
Die Zeit sitzt den Förstern, die mit den Lohnunternehmern und ihren Harvestern in den vergangenen Wochen zusammengearbeitet haben, also im Nacken. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich auf einer großen Fläche oft um mehrere kleine Parzellen handelt, die unterschiedlichen Besitzern gehören – mit dementsprechend unterschiedlichen Wünschen in puncto Waldbehandlung und -bewirtschaftung oder auch, wenn sie zusätzliche Sortimente Holz für ihren Eigenbedarf benötigen. Kompliziert wird es zudem, wenn die oft aus Skandinavien stammenden Fahrer der Großmaschinen nicht Englisch sprechen.
Glück im Unglück ist, dass der Markt im Moment alles an Holz aufnimmt und alles zu guten Preisen abfließen kann. Das meiste Nadelholz gehe in den Export, aber einiges auch an hiesige Sägewerke hier im Norden, sagt Dirk Sauer.
Leider immer noch zu trocken
Dieses Frühjahr hat es wenig geregnet, und nach drei Trockenjahren ist der Grundwasserspiegel im Wald noch nicht ausreichend gestiegen. Zur Ernte und zum Abtransport der Stämme sei das momentan von Vorteil, ansonsten leidet auch der Wald in der Bezirksförsterei Lauenburg unter Trockenstress. Die Situation ist nicht so angespannt wie in anderen Bundesländern. Doch auch im Süden Schleswig-Holsteins werden viele Waldflächen nach den Stürmen umgebaut. Dabei wird der Nadelholzanteil durchaus erhalten, allerdings wird die Fichte durch klimastabilere Alternativen wie Lärche, Douglasie und Tanne ersetzt oder ergänzt.
Der Kreis schließt sich
Der Wald, in dem Dirk Sauer arbeitet, ist ihm seit frühester Jugend vertraut. Die sehr vielfältigen Wälder auf den ärmeren Sandern im südlichen Kreisgebiet und den reichhaltigen Geschiebelehmen im Norden kennt er seit seiner Kindheit. Der Lauenburger Bezirksförster ist in Mölln geboren und dort zu Schule gegangen. Nach der Realschule wollte er weiterkommen, hat das Fachabitur nachgeholt und ist nach der Bundeswehr an die Fachhochschule nach Göttingen gegangen. Nach dem Anwärterdienst im Forstamt Eutin ergaben sich dort die ersten Möglichkeiten, über zwei Zeitverträge „etwas Revierleiterluft zu schnuppern“. Die Berufsaussichten waren nicht rosig Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre, erinnert er sich. Nur ein Drittel der Absolventen habe eine Anstellung unmittelbar in einer Försterei bekommen.
So führte der Weg den heute 55-Jährigen nicht direkt zur Kammer. Zuerst war er unter anderem im Holzhandel und der Einsatzleitung für manuelle und maschinelle Holzwerbung tätig. „Aber Hauptsache im Wald bleiben und Erfahrungen sammeln“, lautete damals seine Devise, und die Beharrlichkeit hat sich gelohnt. Von 2007 bis 2020 verwaltete er mit viel Elan die Privatforstverwaltung des Adeligen Klosters in Preetz mit 1.200 ha. Vor zwei Jahren dann zog es ihn zurück in die Heimat. Hier hat er nun alle Hände voll zu tun. Die Wiederaufforstung, vermutet Sauer, werde nicht mal eben in ein oder zwei Jahren bewältigt sein, und er hofft inständig, dass neue Megastürme und zusätzliche Borkenkäferkalamitäten ausbleiben.
Waldumbau und Neupflanzung
Nach der Holzvermarktung und dem Räumen der Flächen kommen der Umbau und dort, wo es nötig ist, eine komplette Aufforstung. Sind die Förderanträge für die Maßnahmen gestellt und genehmigt, werden die Flächen grob geräumt und vorbereitet, damit die Jungpflanzen später gepflegt werden können. Für das Pflanzen, gern im Herbst, wenn es nicht mehr so trocken ist, rücken dann Saisonkräfte an. Es gebe nur wenig Deutsche, die diesen harten Job machen wollten. Zum Schluss muss alles gegen Wildschäden abgesichert werden – in seltenen Ausnahmen jede einzelne Pflanze, im Regelfall ganze Areale durch Aufstellen eines wildsicheren Zauns (über die unterschiedlichen Verfahren berichtete Wald & Jagd im Bauernblatt, Ausgabe 23).
Auch nach der Arbeit bleibt der Bezirksförster dem Wald treu: Dirk Sauer ist Jäger und wird von seinem Münsterländer-Rüden Hardy auf Pirsch und Ansitz begleitet. Außerdem treibt er unter dem grünen Blätterdach gern Sport und macht ausgedehnte Spaziergänge mit seiner Frau und seiner Tochter.
Bezirksförsterei Herzogtum Lauenburg
Förster: Dirk Sauer
Standort: Mecklenburger Straße 25, 23879 Mölln, Tel.: 0171-2 73 08 32
betreut: Forstbetriebsgemeinschaft (FBG)
Herzogtum Lauenburg, 4.800 ha und zwei Großbetriebe, zahlreiche Natura-2000-Flächen rund um den Schaalsee
Spezialgebiet: Aufarbeitung von Sturmholz
Die Aufgaben der Bezirksförster
Drei Tätigkeitsfelder hat ein Bezirksförster: Beratung, Betreuung und Förderung. Gerade der dritte Part ist komplex, weil es EU-, Bundes- und Landesmittel gibt. Im Gegensatz zur Landwirtschaft bekommt der Wald keine jährliche pauschale Förderung pro Hektar. Es gibt finanzielle Zuschüsse für einzelne Maßnahmen wie Waldumbau und Waldpflege oder neuerdings auch für die Aufarbeitung von Kalamitätsholz.
Fazit
Dirk Sauer sagt über seinen Beruf, dass er keinen romantischen Traumjob habe, wie er in Fernsehserien dargestellt werde. Es sei vielmehr ein Beruf, der viel Idealismus erfordere und in dem es gerade im Moment angesichts des Klimawandels erhebliche Schwierigkeiten gebe. Aber die Identifikation mit dem Thema Wald ist heute wie vor drei Jahrzehnten da. Wegen der Flexibilität, weil man nicht von 9 bis 17 Uhr geregelt im Büro arbeite, sei es eben am Ende doch ein Traumjob.