Nachdem die gesamte Schweinefleischbranche bereits 2020 vor großen Herausforderungen stand, hielt diese Situation auch im vergangenen Jahr 2021 an. Sowohl die Zahl der in Deutschland gehaltenen Schweine als auch die Zahl der Schlachtstandorte befinden sich weiterhin im Abwärtstrend. Die Fleischbranche sieht sich selbst am Beginn einer Konsolidierungsphase, um sich auf die Veränderungen auf den Absatzmärkten einzustellen.
Die Schweineschlachter in Deutschland hatten 2021 das zweite Jahr in Folge mit einem abnehmenden Lebendangebot zu kämpfen und konnten ihre Kapazitäten nicht voll ausschöpfen. Wie die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) mitteilte, waren davon auch die Großschlachter betroffen. Laut dem ISN-Schlachthofranking kamen bei den Top Ten der Branche insgesamt 42,04 Millionen Schweine an die Haken; das waren 1,73 Millionen Stück oder 4,0 % weniger als im Vorjahr. Ihr Marktanteil sank von 82,2 auf 81,1 %, weil die Gesamtschlachtungen in Deutschland laut ISN „nur“ um 2,7 % auf 51,85 Millionen Tiere zurückgingen.
Das Unternehmen Tönnies blieb mit 15,99 Millionen zerlegten Schweinen klarer Marktführer in Deutschland, obwohl das Aufkommen gegenüber 2020 um 1,9 % rückläufig war. Dies war allerdings weniger als im Bundesmittel, weshalb der Marktanteil des Branchenprimus um 0,2 Prozentpunkte auf 30,8 % wuchs. Auf den zweiten Platz des ISN-Rankings schob sich die Westfleisch vor. Zwar kamen bei den Genossen aus Westfalen im Vorjahresvergleich mit 7,26 Millionen Schweinen 2,8 % weniger Tiere an die Haken, doch war der Rückgang ebenfalls geringer als bei den Wettbewerbern. Der Marktanteil blieb konstant bei 14,0 %.
Weniger Schlachtungen
Zu den Verlierern gehörte die Vion, an deren deutschen Standorten die Anlieferung von Schlachtschweinen gegenüber 2020 um 7,9 % auf 7,0 Millionen Stück abnahm. Der Anteil an den bundesdeutschen Gesamtschlachtungen fiel von 14,3 auf 13,5 %. Auf dem vierten Platz landete Danish Crown mit seinem Standort Essen/Oldenburg, wo das Schlachtaufkommen um 5,2 % auf 2,94 Millionen Stück zurückging.
Auch die mittelständischen Schlachtbetriebe auf den Rängen fünf bis zehn im Ranking waren von dem kleineren Lebendangebot betroffen; in der Summe gingen deren Schlachtungen um rund 450.000 Tiere auf 8,85 Millionen Stück zurück. Während dabei die Müller-Gruppe und Tummel laut ISN-Umfrage auf dem Vorjahresniveau schlachten konnten, werden bei Steinemann und bei Willms Fleisch deutliche Rückgange von 8,9 % beziehungsweise 20,1 % verzeichnet.
Absatzmärkte verschoben
Nach eigenen Angaben hatten die Schlachtunternehmen ähnlich wie die Schweine haltenden Betriebe mit gestiegenen Kosten zu tun, zum Beispiel für Energie, Personal oder Corona-Sonderausgaben. Gleichzeitig fiel die Fleischnachfrage 2021 an den deutlich verschobenen Absatzmärkten insgesamt verhalten aus. Ursachen waren unter anderem der coronabedingt geringere Absatz im Außer-Haus-Bereich, jedoch auch der anhaltende Trend zu einem allgemein geringeren Fleischkonsum. Deutschlandweit sank nämlich der Pro-Kopf-Verzehr von Schweinefleisch im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 kg auf 31 kg. Allerdings haben die begrenzten Absatzmöglichkeiten von Nebenprodukten in Drittländer wegen der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland laut Aussage der Schlachtunternehmen die Kalkulationen ebenso deutlich belastet.
„Nach den vergangenen zwei Krisenjahren stehen die Zeichen in der Schlachtbranche auf Konsolidierung – man befindet sich am Anfang einer elementaren Umbauphase, um sich neu aufzustellen“, erläuterte ISN-Marktanalyst Klaus Kessing. Der heimische Markt rücke nach dem Wegfall wichtiger Exportmärkte weiter in den Vordergrund; die größeren Schlachtunternehmen stellten sich auf eine schwächere Nachfrage und die zielgenauere Bedienung der Marktsegmente mit besonderen Anforderungen ein. Am Ende werde dies wohl bedeuten, so Kessing, dass die Zahl der Schlachthaken weiter verringert werde und auch weitere Zusammenschlüsse kleinerer und mittlerer Betriebe denkbar seien.
ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack mahnte an, trotz schwieriger Situation der ebenfalls kostenbelasteten Schlachtbetriebe die desaströse Lage der Schweinehalter zu verbessern. „Das bedeutet zwangsläufig, dass die Ferkelerzeuger und Schweinemäster dringendst auskömmliche Preise erhalten müssen, damit die Grundpfeiler der gesamten Kette nicht komplett aus dem Boden gerissen werden“, so Staack. Die Schlachter müssten die höheren Kosten stärker an die Fleischabnehmer weitergeben. AgE