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Jamaika-Farben neu gemischt

Kommentar zur Landtagswahl
Von Mechthilde Becker-Weigel
Ankunft von Daniel Günther bei der CDU-Wahlparty in der Kieler Seebar. Foto: Imago

Die CDU in Schleswig-Holstein hat allen Grund zur Partystimmung. Die soll auch ausführlich zelebriert worden sein am vorigen Sonntag nach der Wahl. Das fulminante Wahlergebnis von 43,4 % macht die CDU nicht nur zur stärksten Fraktion, es versetzt sie auch in die komfortable Lage, mit nur einem Partner koalieren zu können. Die Grünen befinden sich ebenfalls im Aufsteigermodus mit einem Wahlergebnis von 18,3 %. Erstmals konnten sie drei Direktmandate im Land ergattern. Wirklich stark waren die Grünen in den städtischen Regionen. Dabei hat diese Wahl auch deutlich gemacht, was für ein starkes Stadt-Land-Gefälle zwischen CDU und Grünen in der Wählermeinung besteht. Nach ihren erdrutschartigen Verlusten wird sich die SPD in der nächsten Zeit hauptsächlich mit sich selbst beschäftigen müssen. Die FDP musste mit gerade einmal 6,4 % das schlechteste Ergebnis der Liberalen im Land seit mehr als zwei Jahrzehnten einstecken. Wolfgang Kubicki fehlt, ist die einhellige Meinung.

Nur drei Tage nach der Wahl hat die CDU am Mittwoch einen kleinen Parteitag in Kiel abgehalten. Dort sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), er würde gerne mit einem Dreierbündnis aus CDU, Grünen und FDP weiterregieren. Das habe man den Wählerinnen und Wählern versprochen. Er interpretiere das Wahlergebnis so, dass viele Leute die Jamaika-Regierung als gut befunden hätten. Damit hat er den Ratschlag seines ehemaligen Landwirtschaftsministers und jetzigen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) ausgeschlagen, der sagte „Ich glaube, Daniel Günther ist schlau genug zu sehen, wenn zwei Parteien die Wahl gewinnen, was daraus dann zu folgen hat.“ 

Auf der anderen Seite der Wahlurne hat sich eine Gruppe stark positioniert. Die Landwirte haben laut Analyse der Forschungsgruppe Wahlen zu 77 % für die CDU gestimmt. Mit 9 % folgt die FDP in der Gunst der Landwirtschaft auf Platz zwei. Die Grünen, die in den beiden vergangenen Legislaturperioden das Kieler Landwirtschaftsressort besetzt hatten, kamen bei den Bauern auf lediglich 5 %. Dahinter rangieren die SPD mit 4 % und der SSW mit 3 %.

Daniel Günther hat einiges dafür getan, bei den Landwirten ins Gespräch und auf den Wahlzettel zu kommen. Vor allem der anschaulichen Problematik Gänsefraß hatte er sich öffentlichkeitswirksam durch Besuche bei massiv betroffenen Bauern angenommen, wie bei Oke Martinen auf Amrum. Beim Landesbauerntag im September vorigen Jahres sagte Günther: „Wir müssen jetzt liefern“ und erklärte die Gänseproblematik zur Chefsache. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine rief er dazu auf, dass die EU als weltweite Lebensmittellieferantin die Ziele der Klimaneutralität und Versorgungssicherheit zusammendenken müsse. Er besann sich auf die Gunstlage und den Nettoexporteurstatus Schleswig-Holsteins. Die ab 2023 geltenden EU-Stilllegungsverpflichtungen im Ackerbau sowie die Verpflichtung zu Fruchtfolgeeinschränkungen in der GAP ab 2023 sollten für die Zeit der Krise ausgesetzt werden, um auf diesen Flächen Nahrungs- und Futtermittel, vor allem Weizen, produzieren zu können. Zudem solle der Einsatz aller Produktionsmittel erlaubt werden.

Es sieht so aus, als hätten bei dieser Wahl die Bauern für die nächsten fünf Jahre geliefert, nämlich einen Vertrauensvorschuss an die CDU. Daniel Günther wird wissen, was das heißt. Das Agrarressort wurde vor der Wahl von den Grünen aufgegeben – durch die Ankündigung des Wechsels des grünen Stelleninhabers Jan Philipp Albrecht nach Berlin zur Heinrich-Böll-Stiftung. Jamaika hat in Schleswig-Holstein eine Grundfarbe.

Mechthilde Becker-Weigel. Foto: bb
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