Plötzlich geht es dann doch. Die Schlachtschweinepreise sind in den vergangenen vier Wochen um 65 ct/kg Schlachtgewicht gestiegen. Vor allem in den vorigen beiden Wochen sorgte ein spürbarer Rückgang der Angebotsmengen für deutliche Preisaufschläge. Zuletzt wurden deutschlandweit 120.000 Schweine weniger in einer Woche geschlachtet als im Vorjahr. Damit können die vorhandenen Schlachtkapazitäten nicht mehr ausgelastet werden. Die Schlachtereien liefern sich einen starken Wettbewerb um das Lebendangebot. Viele Mastbetriebe sind mittlerweile vertraglich an bestimmte Abnehmer gebunden. Damit gibt es immer weniger Schweine, die „frei” gehandelt werden. Diese sind jetzt besonders gefragt, um den zusätzlichen Bedarf zu decken. An der ISN-Schweinebörse lag der Kurs Ende voriger Woche bei 1,94 €/kg SG und damit 9 ct über dem notierten Vereinigungspreis.
Ab jetzt Verkäufermarkt
Zum Jahresbeginn ging wohl niemand davon aus, dass die Schweinepreise so schnell und so hoch ansteigen würden. Die fehlenden Exportmöglichkeiten durch die Afrikanische Schweinepest, die hohen Lagerbestände an Schweinefleisch, die ruhige Nachfrage im Inland und die coronabedingten Schwierigkeiten auf den Schlachthöfen machten wenig Hoffnung auf eine baldige Besserung der desolaten Erlössituation. Auch im Handel mit Schweinefleisch sind plötzlich Preissprünge möglich, wie sie nicht für möglich gehalten wurden. Da der Handel weitere Preisaufschläge erwartet, ist die Nachfrage groß. Es muss schon auf Lagervorräte aus den Kühlhäusern zurückgegriffen werden, um den Bedarf an Nacken und Koteletts zu bedienen. Ein regelrechter Umschwung zu einem Verkäufermarkt hat eingesetzt, und wer Ware beziehen möchte, muss entsprechend bezahlen. Auch Schlachtsauen sind plötzlich wieder gefragt und erzielen laufend Preisaufschläge.
Am Ferkelmarkt wird das verfügbare Angebot ebenso rege nachgefragt – und dies trotz der hohen Preisaufschläge für Schweinemischfutter. Die Ferkelkurse sind in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Hiesige Handelsorganisationen berichten, dass die gehandelten Ferkelmengen um etwa 10 % unter den Vorjahresmengen liegen. Weitere Sauen haltende Betriebe sollen sich zudem zum Jahresbeginn zum Ausstieg entschlossen haben. Dies wird sich im Laufe des Jahres bemerkbar machen und die Ferkelzahlen weiter reduzieren.
Bereits im Vorjahr sind die Schweinebestände in Deutschland um 9,4 % zurückgegangen. Der Selbstversorgungsgrad (SVG) ist jedoch nur von 133 auf 130 % gesunken, dies auch vor dem Hintergrund der (coronabedingt) rückläufigen Schweinefleischnachfrage. Mittlerweile sind jedoch die wöchentlichen Schlachtzahlen deutschlandweit so weit gesunken, dass der Selbstversorgungsgrad aktuell Kurs auf etwa 110 % nimmt. Damit sinkt die Abhängigkeit im Schweinefleischhandel vom Weltmarkt. Der SVG ist jedoch nicht für alle Artikel gleich. Ein Problem ist zum Beispiel der Absatz von Teilen wie zum Beispiel Schweinepfoten und Schwarten, die sonst in Asien Abnehmer gefunden haben. Diese Ware findet hier nur schwer Käufer. Auf der anderen Seite ist man hierzulande, unter anderem in der Grillsaison, auf Importe von Nacken und anderen edlen Artikeln angewiesen, da die hiesige Produktion nicht den Bedarf deckt.
Preisaufschlag reicht noch nicht
Der aktuelle Anstieg der Schweinekurse wird begleitet von einer Kostenexplosion für Energie und Rohstoffe. In vielen Bereichen zeichnen sich Versorgungsengpässe ab. Die Schlachtbetriebe haben ihre Kundschaft darüber informiert, dass die höheren Schweinepreise und die anderen Kostenaufschläge weitergereicht werden müssen. Zum Teil wurde auf „höhere Gewalt” verwiesen und bestehende Kontrakte angepasst. Doch auch die Schweinehalter können mit den aktuellen Erlösen keine Kostendeckung erzielen. Statt der aktuell 1,85 €/kg SG wären 2,50 €/kg SG und mehr nötig, um eine ausreichende Rentabilität zu erreichen. Bei der rasanten Kostenentwicklung könnte es demnächst sogar noch mehr sein. Dies gilt besonders nach der vorhergehenden monatelangen Tiefpreisphase und den geforderten Anpassungen in der Tierhaltung.
Marktlage für die Woche vom 21. bis 27.3.2022
Getreide: Die Märkte stehen weiter unter Schock. Die Matif-Weizenkurse schwanken je nach Nachrichtenlage über den Ukraine-Krieg.
Raps: Die Matif-Rapskurse haben zum Wochenbeginn mit 970 €/t neue Rekordwerte erreicht.
Futtermittel: Das fehlende Getreide aus dem Schwarzmeerraum sorgt für große Lücken in der hiesigen Futtermittelversorgung.
Kartoffeln: Der Markt ist bislang ausgeglichen, das Angebot ausreichend. Hamsterkäufe sind kaum zu beobachten.
Schlachtrinder: Im Schlachtrinderhandel zeigen sich inflationäre Preissprünge nach oben. Das Angebot bleibt zu klein.
Schlachtschweine/-sauen: Die jüngsten Preisaufschläge sorgen noch lange nicht für eine Kostendeckung in der Produktion.
Ferkel: Die Nachfrage nach dem reduzierten Angebot bleibt rege. Der Preisanstieg hat sich jedoch verringert.
Milch: Das knapp ausreichende Angebot sorgt für weitersteigende Notierungen für Milchprodukte.
Schlachtlämmer/-schafe: In diesem Jahr fehlen Stallmastlämmer. Das knappe Angebot sorgt für stabile Kurse.
Markttendenz für die Woche vom 28.3. bis 3.4.2022
Getreide: Der Weltmarkt bleibt auf der Suche nach Alternativen zum fehlenden Getreide aus dem Schwarzmeerraum.
Raps: Auch die Kurse für Vorkontrakte steigen weiter an. Es gibt kaum noch Ware aus der alten Ernte.
Futtermittel: Es fehlen vor allem GVO-freie Komponenten und Bioware. Ansonsten zeigen sich deutliche Preisaufschläge.
Kartoffeln: Die große Zahl an Flüchtlingen ist bei der Nachfrage zu spüren. Für Pommes fehlt Frittierfett.
Schlachtrinder: Die Schlachtbetriebe kündigen Probleme bei der Versorgung mit Rindfleisch an. Man erwartet weitersteigende Kurse.
Schlachtschweine/-sauen: Die Fleischpreise passen sich nur zögernd an. Man rechnet mit gemäßigt steigenden Schweinepreisen.
Ferkel: Die gehandelten Stückzahlen bleiben hinter den Vorjahresmengen zurück. Die Erzeuger fordern weitere Preisaufschläge.
Milch: Die Molkereien haben auch für die kommenden Monate weitersteigende Auszahlungspreise angekündigt.
Schlachtlämmer/-schafe: Importe aus Großbritannien, Irland und Neuseeland fehlen. Bislang sorgt das nahe Osterfest kaum für Impulse.