Im Agrarhandel und auch bei den Verarbeitern wächst die Sorge vor einem Ausfall der russischen Gaslieferungen und den damit verbundenen Folgen. Angesichts der am Mittwoch, 30. April von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck ausgerufenen Frühwarnstufe im Gasnotfallplan mahnt der Verband „Der Agrarhandel“ deshalb, dass bei der Zuteilung knapper Energieressourcen der Agrarhandel als wichtiges Glied in der Lebensmittelkette Berücksichtigung findet. Ähnlich äußerte sich der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS).
„An der Einordnung des Agrarhandels als systemrelevante Branche während der Coronakrise ist auch vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine unbedingt festzuhalten“, betonte der Geschäftsführer des Agrarhandelsverbandes, Martin Courbier, heute in Berlin. Sein Geschäftsführungskollege Christof Buchholz wies darauf hin, dass die Lage auf den weltweiten Getreidemärkten so angespannt sei, dass es bei der nächsten Ernte auf jede Tonne Getreide ankomme.
Die sich abzeichnende Frühjahrstrockenheit bereitet dem Agrarhandel nach Darstellung von Buchholz bereits ernste Sorgen. Eine zusätzliche Gefahr von Mindererträgen drohe durch die Lieferengpässe bei Düngemitteln. Im Sommer darf es deshalb dem Geschäftsführer zufolge keinesfalls dazu kommen, dass aufgrund von Energierationalisierungen Erntemengen nicht getrocknet, eingelagert und transportiert werden können. Insgesamt müsse die Sicherung der nächsten Ernte im politischen Diskurs ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
VGMS-Geschäftsführer Peter Haarbeck pocht seinerseits auf eine prioritäre Versorgung der gesamten Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft, sollte eine Abschaltung der Gasbelieferung von Verbrauchern unumgänglich werden. Laut Haarbeck drohen innerhalb kürzester Zeit dauerhafte Versorgungsengpässe bei wichtigen Grundnahrungsmitteln, falls die Unternehmen der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft mangels Gasversorgung zwangsweise stillgelegt werden. Das Ministerium von Habeck müsse daher sicherstellen und auch an alle Verantwortlichen kommunizieren, dass die VGMS-Branchen vorrangig zu versorgen seien.
Nach Überzeugung des VGMS-Geschäftsführers ist eine krisenfeste Selbstversorgung mit Lebensmitteln auch auf eine gut strukturierte, regionale Lebensmittelwirtschaft angewiesen. Haarbeck mahnte deshalb einen klaren Fahrplan in der Energiepolitik an, um die extrem gestiegenen Preise für Gas und Strom wieder einzufangen. Deutschland müsse dafür sorgen, dass „seine kritische Infrastruktur, zu der insbesondere die Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft zählt, wettbewerbsfähig bleibt“. age