Vielfach unterschätzt und wenig beliebt, ist die Große Brennnessel (Urtica dioica) zur Heilpflanze des Jahres 2022 gekürt worden. Schon Paracelsus sagte: „Wenn man sie kocht und mit Pfeffer oder Ingwer mischt und auflegt, hilft dies bei Gelenkschmerzen.“
Bis heute macht man sich die krampflösende, entzündungshemmende und harntreibende Wirkung dieser Wildpflanze zunutze. Brennnesseltee wird zur Unterstützung bei rheumatischen Beschwerden und Harnwegsbeschwerden eingesetzt. Zusätzlich werden ihr immunsystemstimulierende und schmerzlindernde Wirkungen zugeschrieben.
Für die menschliche Ernährung ist die Brennnessel ebenfalls wertvoll, enthält sie doch neben vielen Vitaminen auch Karotinoide, Kalium, Kalzium und Eisen. In der Küche werden die Blätter gerne für Salate, Suppen, Pesti oder Smoothies verwendet. Die Samen werden in vielen Kulturen als Aphrodisiakum eingesetzt. Auch die Stängel finden zunehmend Verwendung, indem aus ihren Fasern Stoff hergestellt wird. Die Verarbeitung ist dabei ähnlich wie bei Leinen oder Hanf.
Dieses Wissen tröstet einen vielleicht manchmal über das unangenehme Brennen nach einem Kontakt hinweg. Bei Berührung brechen die Brennhaare ab und geben einen Mix aus Histaminen, Ameisensäure und Acetylcholin frei. Dieser Cocktail löst das lang anhaltende Brennen aus und führt häufig zusätzlich zu Quaddelbildung. Durch Kochen, Dünsten oder Trocknen werden die Brennhaare unschädlich gemacht.
Bei Insekten sehr beliebt
Trotz dieser Strategie, die bei der Abwehr von Fressfeinden helfen soll, ist die Brennnessel auch im Tierreich sehr beliebt. So nutzen mehr als 30 einheimische Schmetterlingsarten die Brennnessel als Raupennahrungspflanze. Erste Jungraupen des Kleinen Fuchses finden sich bereits ab April grüppchenweise auf der Brennnessel. Andere Raupen, zum Beispiel die des Admirals, leben einzeln gut geschützt in einem zusammengerollten Brennnesselblatt. Zusammengesponnene Blätter weisen auf das Vorhandensein von Nessel- oder Brennnesselzünslerraupen hin.
Anspruchslose Pflanze
An Standort und Boden stellt die Große Brennnessel keine großen Ansprüche. Sie gilt als Stickstoffzeiger und wächst besonders gut in Kompostnähe. Die mehrjährige Pflanze ist allerdings wenig resistent gegen Trockenheit, „nasse Füße“ mag sie aber ebenso wenig. Je nach Standort erreichen die Pflanzen eine Wuchshöhe von 0,4 m bis 1,50 m.
Die Große Brennnessel verträgt häufiges Zurückschneiden gut, so hat man immer frische Blätter für die Küche zur Verfügung. Ältere Blätter können schon mal einen erhöhten Nitratgehalt aufweisen.
Als Jauche angesetzt und eins zu zehn verdünnt, kann die Große Brennnessel auch zur Düngung anderer Pflanzen eingesetzt werden. Da dieser Extrakt viel Stickstoff enthält, sollte er bei Schwachzehrern wie Bohnen, Erbsen, Zwiebeln und Knoblauch nicht verwendet werden.
Somit ist es vielleicht doch eine Überlegung wert, dieser „Superpflanze“ eine Ecke im Garten zu reservieren. Auf diese Weise kann jeder Gartenbesitzer einen kleinen Beitrag zur Biodiversität leisten.