Orkanböen fegten über das Land, als die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Fachausschusses Gartenbau sich Anfang Februar online über die vergangene und bevorstehende Saison austauschten. Aufgrund der Wetterlage waren alle froh, die Sitzung digital abhalten zu können, aber dennoch freue man sich auf ein Zusammentreffen in Ellerhoop im Herbst.
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Dr. Hans Hermann Buchwald berichtete Kammerpräsidentin Ute Volquardsen über aktuelle Entwicklungen und Ereignisse und versicherte, dass der Austausch mit dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (Melund) weiterhin sehr gut funktioniere. Die Digitalisierung sei ein wichtiges Thema, aber auch die geplanten Baumaßnahmen im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp. Ihre Teilnahme an der Wiederwahl des Bundespräsidenten Dr. Frank-Walter Steinmeier sei für sie ein sehr schönes Erlebnis gewesen, zumal sie im Rahmen der Feierlichkeiten auch ein paar Worte mit Prof. Christian Drosten (Virologe) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir habe wechseln können.
Nachfrage nach Grün wird bleiben
Dr. Hans Hermann Buchwald stellte im Anschluss daran fest, dass die Branche im Corona-Jahr 2021 ein Umsatzplus erzielt habe. Die Prognose laute, dass die Nachfrage nach Produkten aus den Gartenbaubetrieben in Schleswig-Holstein auch bestehen bleiben werde: „Die Menschen sehnen sich besonders in diesen Pandemiezeiten nach etwas mehr Natur in ihrem Leben.“ Dennoch müssten die Unternehmen die Inflation und die steigenden Lohnkosten im Auge behalten, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können.
Viele Menschen hätten sich zudem, so der Geschäftsführer des schleswig-holsteinischen Landesverbandes der Gartenfreunde, Thomas Kleinworth, während der Lockdowns besonders für Kleingärten interessiert. „Wir hatten wirklich eine hohe Nachfrage. Für uns war und ist das eine gute Chance, um langfristig ein jüngeres Publikum zu erreichen.“
Produktionskosten steigen weiterhin
Die Umsätze im Bereich Zierpflanzenbau seien, so Martin Jeß, Inhaber der Teege Gärtnerei in Lübeck, ebenfalls sehr gut gewesen, allerdings mit ein paar Einschränkungen. Viele Weihnachts- und Silvesterfeiern seien ausgefallen, wodurch der Absatz von Weihnachtssternen und Glücksklee stagniert habe. Darüber hinaus würden die Herstellungskosten weitersteigen, Substrate und Töpfe seien zum Beispiel mittlerweile 20 % teurer und höhere Lohnkosten schlügen zu Buche. Der Lebensmittelhandel stelle zudem eine immer größere Konkurrenz dar, denn dort könnten Pflanzen zu sehr günstigen Preisen angeboten werden, da diese Branche nicht davon leben müsse.
Wilfried Plüschau, Geschäftsführer der Marktgemeinschaft Altes Land (MAL) und Haselauer Obstbauer, resümierte hingegen die weniger positiven Entwicklungen für den Bereich Obstanbau, der seiner Ansicht nach mit „starken Problemen“ zu kämpfen habe. Deshalb sei die Stimmung sehr schlecht: „Viele steigen aus dem Freilandanbau aus, da die Lohnkosten mittlerweile 60 bis 80 Prozent der Herstellungskosten ausmachen.“ Darüber hinaus sei im vergangenen Jahr die Nachfrage um rund 7 % gesunken. Die Verbraucher bevorzugten statt der heimischen Ware oft günstiges Obst aus dem Ausland. „Diese Preise können wir leider nicht bieten.“
Freude an der Arbeit immer wichtiger
Fach- und Saisonkräftemangel sei ein weiteres wichtiges Thema gewesen, auch im vergangenen Jahr. „Es wird schwieriger, das Rad am Laufen zu halten“, sagte Dirk Eberlein, Vorsitzender des Fachverbandes Friedhofsgärtner und Dienstleister im Wirtschaftsverband Gartenbau Norddeutschland. Es gebe im Bereich Friedhofsgärtnerei immer weniger Auszubildende, sodass niemand wisse, wohin die Reise gehe. Trotzdem blicke er optimistisch in die Zukunft. Auch im Bereich Garten- und Landschaftsbau sei der Fachkräftemangel ein Problem, so Mirko Martensen, Präsident des Fachverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (FGL) Schleswig-Holstein. Dies führe dazu, dass viele Aufträge nicht zeitnah abgearbeitet werden könnten. Gärtnermeisterin Heike Möller-Ramm gab als Vertreterin der Arbeitnehmer zu bedenken, dass die Freude am Job für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Gartenbaubetrieben oftmals wichtiger sei als der Verdienst. Jeder Betriebsleiter solle sich dazu vielleicht einmal Gedanken machen. Hilfreich sei es ihrer Ansicht nach auch, an Fortbildungen zu diesem Thema teilzunehmen.
Sehr gute Ausbildungssituation
Frank Möller, bei der Kammer zuständig für die gärtnerische Berufsausbildung im Gartenbau, berichtete über die aktuelle Ausbildungssituation. 2021 habe es 222 Neuverträge im Gartenbau gegeben, davon 138 im Bereich Garten- und Landschaftsbau. Zudem erhalte er viele Anfragen von Gartenbaubetrieben, die junge Menschen ausbilden wollten. Insgesamt sei aufgrund der Pandemie sehr viel mehr zu organisieren gewesen, aber das hätten alle gut bewältigt.
Jan-Peter Beese, Abteilungsleiter Gartenbau bei der Kammer, bedankte sich für die interessanten Beiträge und informierte die Teilnehmer über das überbetriebliche Weiterbildungsangebot, die geplanten Pressetermine, unter anderem zu den Themen Spargel, Erdbeeren, Balkonpflanzen und Weihnachtssterne, sowie über verschiedene geförderte Projekte, zum Beispiel für den Bereich Digitalisierung, der auch im Gartenbau einen immer höheren Stellenwert einnehme. Ferner werde das Modell- und Demonstrationsvorhaben „Praxiseinführung von torfreduzierten Substraten in Baumschulen“ (ToSBa) weiterhin erfolgreich in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf zehn Modellbetrieben fortgeführt. Das Thema Plastikfreiheit im Bereich Gartenbau, das derzeit von großem Interesse sei, könnte unter Umständen ebenfalls in einem drittmittelgeförderten Projekt aufgegriffen werden.
Tobias Plagemann, Berater der Kammer im Bereich Pflanzenschutz im Gartenbau, berichtete über Schädlinge, die sich aufgrund des Klimawandels hierzulande ausbreiteten. Zurzeit gebe es zum Beispiel ein Monitoring der Marmorierten Baumwanze, die ein hohes Schadpotenzial habe. Der Buchsbaumzünsler und die Zickzack-Ulmenblattwespe bereiteten ebenfalls Sorgen, sodass der chemische Pflanzenschutz weiterhin nötig sei, auch wenn es mittlerweile ebenfalls biologische Verfahrensweisen gebe. „Wir sind auf der Suche nach Alternativen, können aber auf den klassischen Pflanzenschutz nicht ganz verzichten.“