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Corona: Brennglas für gesellschaftliche Defizite

Empfehlungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Von Kathrin Iselt-Segert
Eltern mussten während der Lockdowns 2020/2021 und 2021/2022 innerhalb kürzester Zeit die Betreuung und Beschulung ihrer Kinder privat organisieren und sahen sich unerwartet vor mannigfaltige Herausforderungen gestellt. Im ersten Lockdown berichtete die Junge LandFrau Wanda Schmidt-Bohlens im Bauernblatt über den Alltag mit Beruf und Homeschooling. Foto: privat

Das Land und die Menschen machen sich bereit für die Lockerung der Corona-Maßnahmen. Dabei dürfe aber nicht aus dem Blick geraten, was die Familien, insbesondere die Mütter, in den vergangenen zwei Jahren erlebt und geleistet hätten, so Anke Homann, Vorsitzende des LandesFrauenRates (LFR). In einer gemeinsamen Studie mit dem Institut für Interdisziplinäre Genderforschung und Diversity der Fachhochschule Kiel (IGD) legt der LFR gesellschaftliche Defizite bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie offen, die durch Corona wie unter einem Brennglas besonders deutlich zutage traten.

Ziel der Studie war es, Erfahrungen von erwerbstätigen Eltern (aus Paarhaushalten sowie Alleinerziehende) mit betreuungspflichtigen Kindern während der Lockdowns im Umgang mit Arbeitsorganisation, Distanzlernen und Kinderbetreuung in Gruppeninterviews zu sammeln sowie Ideen und Vorschläge vorzustellen, wie Eltern und insbesondere Mütter künftig in ähnlichen Situationen besser entlastet werden können. Unter dem Titel „Neue Perspektiven für Familien durch die Herausforderungen der Pandemie?“ wurden jetzt die Ergebnisse der Studie und sich daraus ergebende Verpflichtungen für die Gesellschaft in einem Onlineseminar vorgestellt. Daran nahmen auch Vertreterinnen des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein teil, der Mitglied im LFR ist.

„Die Studie gibt insbesondere Müttern eine Stimme und zeigt die strukturellen Dimensionen hinter den individuellen Erlebnissen auf“, so Prof. Dr. Britta Thege, Leiterin des IGD. Durch den Wegfall der Ganztagsbetreuungsangebote und durch die Schließung der Schulen mussten Familien die Betreuung und Beschulung neben der eigenen umfangreichen Erwerbstätigkeit realisieren. „Die Hauptlast und Verantwortung trugen und tragen dabei nachgewiesenermaßen Frauen“, heißt es in der Studie. Mit dem Wegfall der Betreuungs- und Beschulungsinfrastruktur seien selbstverantwortliche Bewältigungsstrategien umso notwendiger geworden, um Erwerbs- und Care-Arbeit zu organisieren. Im Umkehrschluss zeige dies deutlich, wie sehr Eltern und ihre Kinder auf eine Familien unterstützende Infrastruktur angewiesen seien. Dazu formulierten die in der Studie befragten Eltern grundlegende Bedarfe wie das Homeoffice und die Reduktion der Erwerbsarbeitszeit als Entlastung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Es müssen daher in den Berufen, wo es möglich ist, ein Rechtsanspruch auf Homeoffice und eine Reduktion der Erwerbsarbeitszeit installiert werden, um nicht nur Erwerbs- und Care-Arbeit zu koordinieren, sondern durch diese Flexibilisierung mehr Gleichberechtigung in der Übernahme der Sorgearbeit zu schaffen“, so eine der Schlussfolgerungen. Die Herausforderungen der Pandemie hätten gezeigt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit keine Privatangelegenheit sei, sondern nur durch Transformation gesellschaftlicher Rahmenbedingungen erfüllt werden könne, heißt es im Fazit der Studie, die unter landes​frauenrat-s-h.de vorliegt.

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