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Sicherheit der Energieversorgung

Marktkommentar
Von Claus Hoeck LKSH-Markt
Foto: Imago

Der Landwirtschaft kommt eine besondere Rolle in der Energiewende zu. Einerseits verbraucht sie Strom, Wärme und Kraftstoffe und ist deshalb auf eine kostengünstige und sichere Energieversorgung angewiesen, wobei gerade die Versorgungssicherheit für landwirtschaftliche Betriebe extrem wichtig ist, da beispielsweise Melkzeiten pünktlich eingehalten werden müssen, Lüftungsanlagen nicht ausfallen dürfen und so weiter. Andererseits erzeugt die Landwirtschaft selbst Erneuerbare Energien und stellt Roh- und Reststoffe für Biogasanlagen bereit, auf ihren Flächen werden Windkraft- und PV-Anlagen errichtet.

In den ersten Novembertagen 2024 sind am Spotmarkt die Strompreise wegen Stromknappheit geradezu explodiert. Dies beruhte auf einer für die Jahreszeit nicht ungewöhnlichen (kalten) Dunkelflaute, also dem gleichzeitigen Auftreten von Dunkelheit (genauer: keine bis geringe Sonneneinstrahlung wegen kurzer Tage plus Nebel plus Bewölkung) und Windflaute, was für eine deutlich geringere Stromproduktion aus Solar- und Windkraftanlagen bei gleichzeitig saisonal hohem Strombedarf sorgt und mehrere Tage andauern kann. Das ist eine extreme Belastung für jedes Energiesystem. Übers Jahr liefern die Erneuerbaren etwa 65 % der Stromerzeugung, Anfang November 2024 ist der Anteil auf bis unter 16 % geschrumpft, nur Wasserkraft und Biomasse lieferten. Dies unterstreicht wieder die Wichtigkeit des Weiterbetriebes der bestehenden Biogasanlagen sowie ihres weiteren Ausbaus für die Versorgungssicherheit.

Biogasanlagen zur Stabilisierung

Hilfreich wären eventuell große Batteriespeicher im Netz, weil diese Speicherkapazitäten für immerhin einige Stunden haben. Das ist perfekt für den Sommer, um die Solarspitze vom Mittag in den Abend zu retten. Aber im Winter sind die Lücken tagelang. Sie können nicht mit Batteriespeichern und Pumpspeicherkraftwerken überbrückt werden. Deshalb müssen Kohle- und Gaskraftwerke hochgefahren werden, um den Stromverbrauch zu sichern. Man wird in Deutschland immer eine zweite Energie-Infrastruktur brauchen, um die Stromversorgung zu sichern, egal wie viel Wind und Solar zugebaut werden.

Im europäischen Stromverbund könnte das Ausland einspringen. Aber Frankreich beispielsweise hat im Winter einen doppelt so hohen Stromverbrauch wie im Sommer, weil dort mit Strom geheizt wird, aber Elektrodirektheizungen genutzt werden, die einen im Vergleich zu Wärmepumpen dreifachen Strombedarf haben. Deshalb kam es in kalten Wintern mehrfach vor, dass Frankreich zum Stromsparen aufrief, weil auch die französischen Kernkraftwerke an ihre Grenzen kamen und Strom aus Deutschland nach Frankreich geliefert werden musste.

Flexibilisierung eine Lösung?

Natürlich ist eine Flexibilisierung der Nachfrage möglich, landwirtschaftliche Betriebe mit eigener Stromerzeugung können stromintensive Arbeiten zeitlich an die Stromerzeugung anpassen. Ein Güllerührwerk könnte dann pumpen, wenn reichlich selbst produzierter Strom zur Verfügung steht. Höhere Energieeffizienz bedeutet nicht nur Klimaschutz, sondern auch geringere Betriebskosten. Aber natürlich ist nicht jede Stromnachfrage zeitlich oder mengenmäßig flexibel. Ein Krankenhaus kann nicht einfach 50 % seiner Geräte abschalten, ein Elektrostahlwerk kann nicht seine Hochöfen mitten im Prozess abschalten. Genauso wenig können Landwirte ihre Kühe Stunden später melken.

Katastrophal wäre allerdings ein Blackout, also ein „unkontrollierter und unvorhergesehener Ausfall, bei dem mindestens größere Teile des europäischen Stromnetzes länger ausfallen“, so die Bundesnetzagentur. Wenn das Stromnetz ausfällt, können auch andere öffentliche Netze, wie die Gasversorgung oder das Telekommunikationsnetz, betroffen sein. Viele haben Angst vor möglichen Katastrophen, terroristischen Sabotageakten oder Hackerangriffen, die das Netz lahmlegen könnten. Außerdem fragen sich viele, ob durch die Energiewende das Risiko für einen Blackout steigt. Dies ist allerdings laut Bundesnetzagentur unbegründet.

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