StartNachrichtenMarktPolitischer Doppelschlag

Politischer Doppelschlag

Marktkommentar
Von Claus Hoeck, LK-Markt
Foto: Imago

Am Tag der Wahl von Donald Trump zerlegte sich die Bundesregierung. Nach dem, wie wir nun wissen, eindeutigen Wahlsieg Trumps drohen weltweite Handelskriege, die auch und besonders die Landwirtschaft betreffen werden. Trump hat immer wieder angekündigt, Zölle auf alle Importe einzuführen oder sie zu erhöhen, um die lokale Produktion zu schützen beziehungsweise ausländische Firmen dazu zu bewegen, ihre Produktion in die USA zu verlegen. Allerdings ist die US-Landwirtschaft auf offene Exportmärkte angewiesen. Es ist möglich, dass wichtige Exportmärkte dauerhaft verloren gehen, da Handelspartner wie China im Gegenzug auf amerikanische Lieferungen Strafzölle erheben oder sich alternative Lieferanten suchen. So ist der Export von US-Sojabohnen nach China bereits jetzt drastisch eingebrochen, dagegen sind die brasilianischen Lieferungen nach China stark angestiegen. Auch ist China immer noch der zweitgrößte Importeur von amerikanischem Schweinefleisch und es ist klar, was China macht, wenn auf chinesische Lieferungen in die USA Zölle erhoben werden. Größter Abnehmer von amerikanischem Schweinefleisch ist übrigens Mexiko. In dieses südliche Nachbarland will Trump unmittelbar nach seinem Amtsantritt „Millionen von illegalen Einwanderern“ abschieben. Auch dieses Land könnte mit Strafzöllen reagieren und auf Brasilien als Lieferanten umsteigen. Übrigens ist speziell der US-amerikanische Agrarsektor auf die Arbeitskraft von Einwanderern angewiesen. Während seiner ersten Präsidentschaft hob Trump übrigens mehr als 100 Umweltschutzvorschriften aus der Präsidentschaft von Obama auf und konzentrierte sich auf die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität, ökologische Nachhaltigkeit war nachrangig.

Die EU in einer neuen Welt

Die Europäische Union und Deutschland sind hoffentlich auf die neue Amtszeit Donald Trumps vorbereitet. Denn nun wird es für Deutschland und Europa ungemütlich: Handelskriege, Strafzölle, „America First“ drohen. Die deutsche Agrarwirtschaft liefert in die USA jährlich Produkte im Wert von etwa 2 Mrd. €, die schon in der ersten Amtszeit Trumps Gegenstand von Strafzöllen waren. Klar ist, dass Trump damals wie heute völlig andere Prioritäten als die EU in der Außenpolitik setzt, was auch den Agrarsektor unmittelbar angeht. Deutschland und Europa brauchen Klarheit und entschlossenes Handeln, und das besser heute als morgen. Denn mit dem Showdown im Ampel-Streit sind die Herausforderungen der Welt nicht vom Tisch. Das alte Geschäftsmodell von billiger Energie aus Russland, uneingeschränktem Handel auch mit den Autokraten dieser Welt und vollumfänglichen, kostenlosen Sicherheitsgarantien durch die USA ist endgültig Vergangenheit, auch wenn sich dies Parteien wie die AfD nicht eingestehen wollen.

Berlin nimmt politische Auszeit

Trump akzeptiert nur starke Gesprächspartner. Die Europäische Union erfüllt derzeit dieses Kriterium nicht. Und Deutschland leistet sich eine politische Auszeit genau dann, wenn ein einiges und starkes Europa benötigt wird. Auch für die deutsche Landwirtschaft geht wieder wertvolle Zeit verloren. Denn agrarpolitische Vorhaben wie beispielsweise die neue Biogasstrategie, mit der Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Grüne) im Sommer Anlagenbetreibern Hoffnung gemacht hatte, eine bessere Perspektive für ihre Anlagen zu erhalten, sollte im November zwischen Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium konkret besprochen werden. Dieses und andere agrarpolitische Vorhaben stehen nicht auf der Prioritätenliste des Bundeskanzlers.

Sicher ist, dass Deutschland und Europa Verantwortung für sich selbst übernehmen müssen. Und das bedeutet, die EU-Staaten, allen voran Deutschland und Frankreich, sollten in der Außen- und Verteidigungspolitik wieder zusammenrücken und gemeinsam in die Verteidigungsfähigkeit investieren. Oder sie versinken in der geopolitischen Bedeutungslosigkeit. Das alles wird sehr viel Geld kosten und Begehrlichkeiten wecken, insbesondere bei der großen Position des EU-Haushalts, dem Agrarbudget.

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt