Die Herbst-Energieministerkonferenz in Brunsbüttel unter dem Vorsitz Schleswig-Holsteins endete am vorigen Freitag mit einem klaren Bekenntnis zum Ziel der Klimaneutralität und der Fortführung der Energiewende. Angesichts der politischen Entwicklungen global und auf Bundesebene verabschiedete die Konferenz eine Brunsbütteler Erklärung. Darin appellieren die Energieminister und Senatoren an die Bundesregierung und den Bundestag, für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland den Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft weiter entschieden zu verfolgen.
Die anstehenden Neuwahlen dürften nicht wichtige Entscheidungen in der Gesetzgebung aufhalten oder verzögern. Brüche sollen vermieden werden. Entscheidende Projekte der Energiewende sind dem Appell zufolge noch zügig voranzutreiben, um das Erreichen der Klimaziele nicht zu gefährden und Planungssicherheit für Wirtschaft und Industrie zu gewährleisten. Dazu zählt die Forderung nach Entlastungen bei den Netzentgelten, damit die Strompreise für Industrie und Verbraucher spürbar sinken und die Elektrifizierung voranschreiten kann. Zudem sollen das Kraftwerkssicherheitsgesetz noch verabschiedet werden und die geplanten Ausschreibungen starten. Auch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes soll jetzt kommen, wozu auch ein wirksames Biomassepaket gehöre. Wichtige weitere Schritte sind die Umsetzung der Beschleunigungsgesetze für Erneuerbare Energien, Geothermie und Wasserstoff.
Tragfähiger Investitionsrahmen
Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne), der die Konferenz im Rahmen des schleswig-holsteinischen Vorsitzes leitete und für die von den Grünen geführten Energieministerien sprach, erklärte: „Die Länder stehen geschlossen hinter der Energiewende. Die Brunsbütteler Beratungen waren von einer guten Kompromissbereitschaft getragen – über alle länder- und parteipolitischen Grenzen hinweg. Wir haben entscheidende Weichen gestellt, von einem tragfähigen Investitionsrahmen für den raschen Erneuerbare-Ausbau über den Stromnetzausbau bis hin zum Wasserstoffhochlauf. Wir unterstützen geschlossen den Vorschlag des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers, sehr kurzfristig Maßnahmen zur Senkung der Netzentgelte zu ergreifen.“ Den „Geist der Beratungen von Brunsbüttel“ wünscht sich Goldschmidt in den kommenden Monaten auch für Berlin. Dies würde Energiewende und Land voranbringen.
Sachsen-Anhalts Energieminister Prof. Armin Willingmann erklärte für die SPD-geführten Energieministerien, von Brunsbüttel gehe das klare Signal an die Bundespolitik aus, „dass wir uns angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen keine politischen Spielchen leisten können“. Es müsse Neuwahlen geben und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe einen realistischen Zeitplan dafür skizziert. Die Energieministerinnen und -minister der Länder zeigten in der einstimmig beschlossenen Brunsbütteler Erklärung auf, welche wichtigen energiepolitischen Themen in den nächsten Monaten weiterbearbeitet werden müssten. „Wir brauchen spürbare Entlastungen bei den Energiepreisen, insbesondere den Stromnetzentgelten.“ Laut Willingmann gehe es vor allem darum, Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Deutschland langfristig zu sichern. „Angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute dürfen nicht auch noch Wachstumschancen vertan werden“, so der Minister. Weite Teile der Wirtschaft hätten sich auf den Weg der klimaneutralen Transformation gemacht; dies dürfe nicht ins Stocken geraten. „Der Ausbau Erneuerbarer Energien, der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft müssen zügig vorangetrieben werden. Hier gibt es auch eine klare Erwartungshaltung in der deutschen Industrie an die Politik.“
Wasserstofffähige Gaskraftwerke
Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) unterstrich: „Wir fordern den Bund auf, alles zu unternehmen, die Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie zu beschleunigen. Die ersten Ausschreibungen müssen schon Anfang 2025 starten. Wir brauchen einen verlässlichen Zubau von 17 bis 21 Gigawatt Kraftwerkskapazität bis 2031.“ Keinesfalls dürfe eine Lücke in der Stromversorgung entstehen. Zeitnah brauche es jetzt die Umsetzung der angekündigten Biomassestrategie mit einem großen Biomassepaket. „Dazu gehört eine deutliche Erhöhung des Ausschreibungsvolumens für die Biomasseförderung auf mindestens 1.200 Megawatt pro Jahr“, so Aiwainger. In Deutschland sei Bioenergie mit 50 Terawattstunden Strom und 170 Terawattstunden Wärme ein stabiler und verlässlicher Baustein der Energieversorgung.
Wichtige Festlegungen aus den Beschlüssen der Energieministerkonferenz:
Die 17 Beschlüsse der Energieministerkonferenz widmen sich den auch in der Brunsbütteler Erklärung aufgerufenen Themen. Dabei stehen im Vordergrund: der weitere starke Zubau der Erneuerbaren Energien, der mindestens auf dem aktuellen Niveau gehalten werden soll, Regelungen, damit der Energiemarkt besser zu der volatilen Einspeisung von Wind und Sonne passt, und das Ziel, dass Grüne Energie auch in der Industrie und dem Wärme- und Verkehrssektor ankommt.
Damit die Erneuerbaren Energien weiter ausgebaut und Verzerrungen bei den Strompreisen vermieden werden können, soll der neue Förderrahmen für den Ausbau zügig entwickelt werden. Dabei sprechen sich die Länder dafür aus, dass die staatlich finanzierte EEG-Förderung grundsätzlich bestehen bleibt und weiterentwickelt wird. Dies soll sicherstellen, dass finanzielle Planungssicherheit für den weiteren Ausbau von Wind- und Solarenergie gegeben ist. Der Beschlussantrag von Schleswig-Holstein dazu wurde angenommen.
Zukunftsperspektive für Bioenergie
Zudem fordern die Länder eine klare Zukunftsperspektive für die Bioenergie. Das angekündigte Gesetzespaket soll zügig in die Umsetzung gebracht werden. Konkret geht es darum, die Ausschreibungsmengen für Biogasanlagen zu erhöhen, Anreize für Flexibilisierung zu setzen und den Anlagenbetreibern Planungssicherheit zu geben.
Stabilisierung der Netzentgelte
Steigende Stromkosten sind eine zunehmende Belastung für Verbraucher und Wirtschaft. Die Energieministerkonferenz spricht sich für einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zur Stabilisierung der Netzentgelte aus.
Die Energieminister sprechen sich mit dem Ziel einer effizienteren und kostengünstigeren Energiewende zugleich für eine zunehmende Flexibilisierung aus: Sowohl die Industrie als auch größere Stromverbraucher wie E-Autos und Wärmepumpen sollen Anreize haben, den Strom in Zukunft flexibel immer dann abzunehmen, wenn viel Erneuerbare Energien vorhanden sind. Indem die Strompreise sich entsprechend dem Stromangebot dynamisch anpassen, soll dieses Verhalten gefördert und belohnt werden.
Die Energieminister stellen sich hinter das Kraftwerkssicherheitsgesetz des Bundes und den darin enthaltenen Kapazitätsmechanismus – damit zügig neue Kraftwerke gebaut werden, die dann laufen, wenn nicht genügend Erneuerbare im Netz sind.