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Homogenen Feldaufgang fördern

Planung der Aussaat mit Daten der Fernerkundung unterstützen
Von Brit Weier, Hochschule Neubrandenburg
Abbildung 1: Ein Luftbild von der unbedeckten Ackerfläche liefert Informationen über die Eigenschaften des Oberbodens. Fotos und Abbildungen: Brit Weier

Eine gelungene Aussaat bildet die Grundlage für einen stabilen Pflanzenbestand. Wer sich bei der Planung von Fernerkundungsdaten unterstützen lassen möchten, sollte nicht nur auf eine Datenquelle vertrauen. Unterschiedliche Zeitpunkte und Datentypen liefern verschiedene Informationen zu dem komplexen Zusammenspiel zwischen Standorteigenschaften und einer erfolgreichen Bestandesetablierung.

Die Qualität der Saatbettbereitung wird unter anderem von den Eigenschaften des Oberbodens geprägt. Sie ist wichtig für einen optimalen Feldaufgang und die gleichmäßige Etablierung des Bestandes. Ein Bild von einer unbedeckten Ackerfläche (Abbildung 1) kann durch Farbunterschiede heterogene Areale visualisieren. Besonders nach einem Regenereignis zeichnen sich die dunkleren und helleren Bereiche deutlich voneinander ab. Davon ausgehend können die Saatbettbedingungen abgeschätzt werden. Je lehmiger beziehungsweise tonhaltiger der Boden ist, desto dunkler stellt er sich dar. Wichtig ist, bei diesen Arealen zu beachten, dass sie mehr Zeit zum Erwärmen und Abtrocknen benötigen. Für die Saatbettbereitung ist es von besonderer Bedeutung, in diesen Bereichen eine gleichmäßige Ablagetiefe, ohne Verschmieren des Saatguts, zu sichern. Hellere Flecken deuten hingegen auf sandige, leichtere Böden hin. Diese Standorte erwärmen sich tendenziell schneller, trocknen aber auch früher ab. Eine zu tiefe Ablage des Saatguts könnte einen Mangel an Keimwasser und eine verzögerte Entwicklung zur Folge haben.

Auch ältere Luftbilder von Vorfrüchten können je nach Aufnahmezeitpunkt verschiedene Informationen über die Standorteigenschaften liefern. Abbildung 2 zeigt einen heterogen entwickelten Rapsbestand. Die braunen Areale zeichnen sich deutlich von den sonst grünen Bereichen mit Pflanzenbedeckung ab. Es handelt sich hierbei vor allem um schwerere Böden und Kuppen, auf denen sich die Pflanzen durch eine anhaltend feuchte Witterung deutlich vermindert entwickelt haben. Bei ungünstiger Witterung und schlechter Wasserführung der Böden steigt die Gefahr der Verschlämmung und der Anteil an Feinerde sinkt. Das Saatbett kann hier deutlich klutiger sein, wodurch das Saatgut nur erschwert Bodenkontakt herstellen kann. Eine verzögerte Keimung und Entwicklung können die Folge sein. Bei besonders heterogenen Flächen, wie in diesen Beispielen, können Luftbilder dabei unterstützen, eine angepasste Saatbettbereitung zu planen, um möglichst homogene, optimale Feldaufgangsbedingungen zu erreichen.

Abbildung 2: Aufnahme eines heterogen entwickelten Rapsbestandes vom 18. Oktober 2023

Was verbirgt sich in den tieferen Schichten?

Die Eigenschaften des Unterbodens sind bedeutend für das Wachstum der Pflanzen, sobald die Wurzeln ausgeprägter entwickelt sind. Die Konkurrenz um Nährstoffe und Wasser kann zu deutlichen Entwicklungsunterschieden führen, je nach Standortgüte auf einer Fläche. Eine entsprechende Anpassung der Saatstärke oder auch der Bodenbearbeitung sollte die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen berücksichtigen. Einfache Luftbilder können bereits bei der Bestimmung der Eigenschaften des Unterbodens unterstützen. Besonders zu empfehlen sind dabei Aufnahmen zur Abreife eines Pflanzenbestandes. Etwa drei Wochen vor der Ernte sind Unterschiede in der Entwicklung deutlich zu erkennen. Abbildung 3 zeigt eine Gerstenfläche mit unterschiedlichen Farbtönen. Es ist dasselbe Feld wie auf Abbildung 2, aufgenommen im Sommer 2023. Gelbliche Areale sind bereits deutlich in der Abreife fortgeschritten. Hell- bis tiefgrüne Bereiche deuten auf günstigere Standortbedingungen hin, die die Abreife verzögern. Im unteren Bereich der Fläche deuten die linienartigen Strukturen auf Entwicklungsunterschiede zwischen den gelblichen Kuppen und tiefgrünen Senken hin. Die Unterschiede in der Abreife verdeutlichen oft eine abgestufte Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit im Unterboden. Möglicherweise wirkte sich aber auch während der Entwicklung der Pflanzen die Bodenstruktur in Teilen der gelben Areale negativ auf die Wurzelentwicklung der Gerstenpflanzen aus. Diese gelangen nun nicht mehr an die gespeicherten Nährstoffe im Unterboden.

Interessant ist, dass sich die schweren Böden im oberen Teil des Feldes noch leicht grünlich von dem umliegenden Pflanzenbestand abzeichnen. In Abbildung 2 sind diese kleinen Bereiche durch eine verminderte Entwicklung in Form von braunen Flecken aufgefallen. Der Vergleich zwischen diesen beiden Bildern verdeutlicht die Dynamik zwischen Standorteigenschaften, Witterungsbedingungen und den Einfluss auf die angebaute Kultur.

Abbildung 3: Heterogene Abreife von Wintergerste etwa drei Wochen vor der Ernte (15. Juni 2023)

Planungsprozesse automatisieren

Neben der einfachen visuellen Auswertung und Verortung von besonderen Phänomenen auf den originalen Aufnahmen gibt es die Möglichkeit der Verarbeitung von Daten mithilfe eines sogenannten Geoinformationssystems (kurz GIS). In einem GIS können die Schrägluftbilder georeferenziert und somit in den realen Raum eingeordnet werden. Dies ermöglicht die weitere teilautomatisierte Verarbeitung der Daten zu einer Aussaatkarte, die mit der passenden Technik auf der Fläche abgearbeitet werden kann. Abbildung 4 zeigt das Potenzial der Nutzung und Georeferenzierung von Luftbildern. Ein Vergleich mit anderen Datenquellen wie der Reichsbodenschätzung wird ermöglicht. Hier wird deutlich, dass sich die Datenquellen in der Auflösung, aber auch der Aussage über die Eigenschaften des Bodens unterscheiden. Das fein aufgelöste Luftbild der unbedeckten Bodenoberfläche zeigt lediglich die Eigenschaften des Oberbodens. Die Reichsbodenschätzung wiederum hat den Boden in seiner Zusammensetzung bis zu 1 m in einem vergleichsweise großen Raster angesprochen.

Abbildung 4: Links: Darstellung der digitalisierten Reichsbodenschätzung nach Bodenart, rechts: georeferenziertes Luftbild mit Konturen der Reichsbodenschätzung

In einem GIS können verschiedene Datenquellen eingelesen, analysiert und weiterverarbeitet werden. Darauf aufbauend gibt es auch die Möglichkeit, Applikationskarten zu erstellen. Dafür können zum Beispiel Satellitenbilder teilweise kostenfrei heruntergeladen und verrechnet werden. Für sogenannte Vegetationsindizes werden die für einen Pflanzenbestand relevanten spektralen Bereiche der Aufnahme verrechnet, um die mit Pflanzen bedeckte Oberfläche besser abschätzen zu können. Werden Satellitenbilder relevanter Termine genutzt, zum Beispiel drei Wochen vor der Ernte, besteht auch hier die Möglichkeit, eine besonders große Heterogenität im Bestand zu erkennen. Abbildung 5 zeigt den Mittelwert mehrerer Vegetationsindizes, bestehend aus den jeweiligen Aufnahmen zum Zeitpunkt der Abreife des Pflanzenbestandes.

Höhere Vegetationsindex-Werte, nahe dem Maximum von 1, deuten auf eine höhere vitale Biomasse hin. Es ist möglich, im GIS automatisiert ein an die individuelle Arbeitsbreite des Anbaugerätes angepasstes Gitter zu erstellen. Auf Grundlage der berechneten Vegetationsindizes kann eine entsprechende Saatstärke eingefügt werden. So eine Applikationskarte zur Aussaat kann dann wie in Abbildung 6 aussehen.

Abbildung 5: Mittelwert des Vegetationsindexes NDVI der Vorjahre 2018 bis 2023 zur Abreife der jeweiligen Kultur, Darstellung nach ESA, Sentinel 2
Abbildung 6: Beispiel einer automatisch erstellten, auf die Arbeitsbreite genormten Aussaatkarte mit verschiedenen Saatstärken (rot – verringerte, gelb – durchschnittliche, grün – erhöhte Saatstärke)

Das Ergebnis überprüfen

Selbst bei homogenen Saatstärken ist es von grundlegender Bedeutung, die Umsetzung und Qualität der Aussaat zu überprüfen. Mithilfe der Fernerkundung können Areale unterschiedlicher Standortgüte für die Bonituren bestimmt werden, um mögliche Entwicklungsunterschiede zu erkennen. Ganz simpel funktioniert dies über die Orientierung anhand markanter Punkte im Luftbild, wie Landschaftselementen, Feldeinfahrten oder auch Fahrgassen. Mittlerweile gibt es aber auch verschiedene kostenfreie Anwendungen, die mit der GPS-Navigation eines Smartphones arbeiten. Damit können Punkte für die Bonitur der Ablagetiefe oder des Feldaufgangs gezielt aufgesucht werden.
Wurden verschiedene Saatstärken gewählt, ist eine Überprüfung der Umsetzung der Areale sinnvoll. Die Qualität der Umsetzung kann von der genutzten Technik an sich, der Einstellung und Bedienung abhängig sein und somit großen Schwankungen unterliegen. Um ein Gefühl für die eigene Maschine zu bekommen, empfiehlt sich eine Bonitur der verschiedenen Saatstärken. Wer mutig ist, kann einen kleinen Saatstärkenversuch mit deutlichen Wechseln zwischen einer sehr hohen und sehr niedrigen Saatstärke anlegen. Anschließend werden die Saatstärken – Areale und Übergänge – mithilfe einer Beganglinie überprüft. Auf diese Art und Weise können der Übergang der Umsetzung und eine mögliche Verschleppung zwischen zwei Saatstärken abgeschätzt werden (Abbildung 7).

Abbildung 7: Aussaatkarte mit Beganglinien zur Überprüfung der Umsetzung von Saatstärken (li.) und Bonitur-Punkten in dreifacher Wiederholung zur Ermittlung des Feldaufgangs (r.)

Fazit

Fernerkundungsdaten ersetzen nicht das pflanzenbauliche Fachwissen, können aber mit dem nötigen Know-how dabei unterstützen, kritische Areale zu identifizieren, die zu Entwicklungsunterschieden führen können. Schon mit einfachen Mitteln können sie genutzt werden, um die Aussaat anzupassen und zu überprüfen. Darüber hinaus gibt es einige Möglichkeiten der Automatisierung im Bereich der Verarbeitung von Fernerkundungsdaten und der Erstellung von Applikationskarten. Es empfiehlt sich, mehr als eine Datenquelle zu nutzen, um potenzielle Schwächen oder Fehler in der Interpretation erkennen und vermeiden zu können. Im Rahmen von Schulungen an der Hochschule Neubrandenburg wird auch in diesem Winter wieder der Umgang mit Geodaten in der praktischen Landwirtschaft vermittelt. Die in diesem Artikel genannten Anwendungen sind nur ein Teil der gelehrten Inhalte. In sechs verschiedenen Kursen werden Impulse für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten von Geodaten gegeben und mithilfe von Übungen die eigenständige Verwendung ­sichergestellt.

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