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Novelle auf dem Holzweg?

Unterschiedliche Auffassungen in der Ampel-Koalition über Änderungen am Bundeswaldgesetz
Von Agra-Europe/jh
Zur Novelle des Bundeswaldgesetzes bestehen nach wie vor unterschiedliche Auffassungen innerhalb der Ampel-Koalition. Foto: Imago

Die Koalition hat weiterhin keine einheitliche Position zur Novelle des Bundeswaldgesetzes. Während SPD und Grüne im Lichte der Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur (siehe Ausgabe 41) auf eine Änderung des Gesetzes drängen, bleiben die Liberalen zurückhaltend.

„Das bestehende Bundeswaldgesetz bietet einen idealen Rahmen für den Waldumbau“, erklärte Karlheinz Busen, Sprecher für Forst- und Jagdpolitik der FDP-Bundestagsfraktion. Die enormen Schäden in den Fichtenbeständen seien eine Chance für einen beschleunigten Waldumbau. „Wichtig ist ein zielgerichteter Förderrahmen mit ausreichenden Finanzmitteln“, betonte Busen. Das Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ müsse daher verstetigt werden.

Demgegenüber sieht die SPD-Bundestagsfraktion die Novellierung des Bundeswaldgesetzes als notwendig an. Sie müsse den Rahmen der zukünftigen Waldbewirtschaftung schaffen, „um unsere Wälder zu arten- und strukturreichen Mischwäldern umzubauen und den Negativtrend der vergangenen Jahre zu stoppen“, betonte die zuständige Berichterstatterin Isabel Mackensen-Geis. Dem Erhalt der Wälder sowie der Bereitstellung der Ökosystemleistungen für die Gesellschaft komme dabei eine besondere Bedeutung zu.

Auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) plädierte für ein neues Bundeswaldgesetz: Sein Vorschlag für eine Novelle unterstütze die Waldbesitzer dabei, ihre Wälder zügig und effektiv umzubauen.

Novelle mit der Brechstange

Ablehnende Stimmen zu einer Gesetzesänderung kamen aus der Union. Agrarsprecher Albert Stegemann warf Özdemir vor, er wolle das Bundeswaldgesetz „mit der Brechstange novellieren“. Für einen konsequenten Wald- und Klimaschutz sei das jedoch überflüssig: „Unsere Waldbauern brauchen keine starren Regelungen und nicht noch mehr Bürokratie, um die Potenziale des Klimaschutzes, der Biodiversität und der Wertschöpfung weiter zu heben.“

Aus Sicht von Berichterstatter Hermann Färber ermahnt die vierte Bundeswaldinventur die Ampel, den Waldumbau zügiger voranzubringen. Stattdessen plane die Koalition, im Bundeshaushalt 2025 die Mittel für Wiederaufforstung und klimastabilen Waldumbau in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) gegenüber dem laufenden Jahr von 125 Mio. € auf 100 Mio. € zu kürzen. Zudem bestünden erhebliche Risiken, ob diese Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt werden könnten. Die GAK-Mittel müssten stattdessen in einem Sonderrahmenplan bereitgestellt werden.

Pro und Kontra zu einer Neufassung des Bundeswaldgesetzes herrschen auch weiter bei den Verbänden. Die Nutzerverbände sind dagegen, die Umweltverbände dafür. „Die Novelle würde den dringend nötigen Waldumbau erschweren“, warnte der Vorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, Max von Elverfeldt. Ideologische Vorgaben zur Baumartenwahl, Einschlagsbeschränkungen und unsinnige bürokratische Auflagen verhinderten notwendige Maßnahmen. „Das bremst die Anpassung der Wälder an den Klimawandel und behindert den Klimaschutz“, so von Elverfeldt.

Für Prof. Andreas Bitter, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, zeigen die Ergebnisse der Bundeswaldinventur, dass Deutschlands Wälder auch im Zeichen der Klimakrise nachhaltig bewirtschaftet werden. Eine Schlüsselrolle dafür nähmen die privaten und kommunalen Waldbesitzer ein. Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen sieht Bitter in verlässlichen forstpolitischen Rahmenbedingungen in Bund und Ländern. Dazu gehörten Vertrauen in die bestehende Vielfalt nachhaltiger Bewirtschaftung ebenso wie sachgerechte Förderprogramme, die Wiederaufforstung und Waldumbau mit standortgerechten, auch alternativen Baumarten ermöglichten.

Plädoyer für radikales Gesundheitsprogramm

„Ein radikales Gesundheitsprogramm für unsere Wälder“ forderte der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Jörg-Andreas Krüger. Konkret brauche es mehr Schutz, ein Umdenken bei der Bewirtschaftung der Wälder sowie klare bundeseinheitliche Leitplanken durch die Politik. Krüger plädiert neben einem konsequenten Waldumbau für eine neue Form der naturverträglichen Bewirtschaftung: „Es zeigt sich, dass naturnahe und vielfältige Laubmischwälder besser durch die Klimakrise kommen.“ Ahorn, Buche und Eiche fingen bereits heute in Teilen die Schwächen der Monokulturen auf.

Erhalt und naturnähere Bewirtschaftung

Laut dem Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzrings, Florian Schöne, hat die Koalition noch die Chance, ein starkes Bundeswaldgesetz auf den Weg zu bringen, „das den Erhalt der Wälder ins Zentrum rückt und bundeseinheitliche Vorgaben für eine naturnähere Bewirtschaftung macht“. Hierzu zählten unter anderem ein konsequentes Kahlschlagverbot, eine Begrenzung des Rückegassennetzes sowie konkrete Vorgaben für eine vorbildliche Bewirtschaftung öffentlicher Wälder.

Der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR), Georg Schirmbeck, hob die Bedeutung öffentlicher Investitionen in den Wald hervor: „Dort, wo Fördergelder gezielt eingesetzt wurden, haben sich diese Maßnahmen als lohnenswert erwiesen“, erläuterte der DFWR-Präsident. Diese Erkenntnis müsse ein Weckruf an die Bundesregierung sein, mehr Mittel in den Waldumbau, die Wiederbewaldung, die Ausbildung von Fachkräften und die Forschung zu investieren.

Dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Harald Schaum, zufolge hängt der Zustand des Waldes wesentlich davon ab, wie viele Menschen sich um ihn kümmern. „Je mehr Personal im Forst, desto besser die Pflege des Waldes“, so Schaum. Als Faustregel gelte: „Deutschland braucht eine Fachkraft mehr auf 1.000 Hekt­ar Wald.“ Für die bundesweit rund 11,4 Mio. ha Wald seien somit rund 11.000 Forstbeschäftigte zusätzlich nötig. „Hier darf insbesondere auch der Staat bei seinem Forst nicht länger auf die Personalbremse treten“, mahnte Schaum.

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