In den nächsten Monaten hat der ungarische EU-Ratsvorsitz die Aufgabe, die Verhandlungen zu den anstehenden agrarpolitischen Themen zu leiten und die unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments (EP) in Einklang zu bringen. Am Montagabend präsentierte István Nagy, Ungarns Landwirtschaftsminister, sein Programm vor dem Landwirtschaftsausschuss des EP in Straßburg. Eine „bauernzentrierte EU-Agrarpolitik“ steht für ihn im Mittelpunkt.
Als die Herausforderungen für die europäische Landwirtschaft nannte der ungarische Agrarminister Nagy Klimawandel und Marktschwierigkeiten. Mit Nachdruck betonte er die Bedeutung der Ernährungssouveränität in Europa. Die aktuelle Legislatur bezeichnete er als „Übergangszeit“, die es zu gestalten gelte, wobei der Strategische Dialog als nützliche Grundlage diene. Im Zentrum der Bemühungen der ungarischen Ratspräsidentschaft stünden die Vereinfachung der Regeln für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und der Abbau der administrativen Belastungen und Überregulierungen für die Landwirtschaft. Mit Nachdruck plädierte er für den Erhalt der Flächenprämien, um die Landwirte als „Verbündete für die Nachhaltigkeit“ zu gewinnen. Für die Zukunft der GAP nach 2027 plant der ungarische Ratsvorsitz, dem Rat Leitlinien vorzulegen und gemeinsame Positionen zu entwickeln, insbesondere zur Auszahlung der GAP-Mittel. Nagy äußerte sich auch zu den Neuen Züchtungstechniken (NZT). Aus dem Landwirtschafts- und Umweltausschuss steigt der Druck bei diesem Thema auf den ungarischen Ratsvorsitz. In beiden Gremien wurde wurde er für seine Untätigkeit beim Vorantreiben einer Ratseinigung zum Verordnungsvorschlag der EU-Kommission kritisiert. Zuvor hatte der Fidesz-Politiker darauf verwiesen, dass sich die Verhandlungen zu den NZT zur Jahresmitte nahezu in einer Sackgasse befunden hätten. Konkrete Aussagen, wann man im federführenden Agrarrat mit einer gemeinsamen Verhandlungsposition rechnen könne, machte Nagy nicht. Man sei gegenwärtig noch in Diskussionen, so der Budapester Ressortchef. Das EU-Parlament hatte sich bereits im Februar auf eine gemeinsame Position verständigt und diese dann kurz vor den Europawahlen nochmals festgezurrt. Solange der Rat allerdings noch keine gemeinsame Position festgelegt hat, kann der Trilog als nächster Schritt im Gesetzgebungsverfahren zwischen Rat und Europaparlament zusammen mit der EU-Kommission nicht starten. Zum Entwurf der Verordnung über Pflanzenvermehrungsmaterial äußerte sich Nagy insofern, als er zusätzliche Belastungen für Erzeuger und nationale Behörden vermeiden wolle. Zum Tierschutz bei Tiertransporten setzt der Vorsitz auf einen fachlichen Austausch auf Expertenebene. Kritisch sah Nagy, dass durch den Green Deal mehr Druck auf die EUAgrarbranche ausgeübt werde. Er schlug gleiche Nachverfolgbarkeitskriterien für Import- und EUProdukte vor. Die Politiker im Landwirtschaftsund Umweltausschuss fordern vom amtierenden Agrarratsvorsitzenden deutlich mehr Engagement in Sachen Neue Züchtungstechniken. Unter anderem wurde dem Ungarn fehlende Neutralität vorgeworfen. Scharfe Kritik musste sich der Minister auch im Hinblick auf die ungarische Agrarpolitik und die dortigen Lebensmittelpreise anhören. age, bb