StartNachrichtenWald & JagdWechselhafte Geschichte auf dem Mittelrücken

Wechselhafte Geschichte auf dem Mittelrücken

Waldbauern der FBG Hohenwestedt feiern 150-jähriges Bestehen
Von Uwe Tertin
Seit dem 1. Februar 1992 genießt Rolf-Martin Niemöller, Hanerau-Hademarschen, als Bezirksförster das Vertrauen der Waldbesitzer.

Nachhaltige Forstwirtschaft und Waldpflege erfordern körperlichen Einsatz. So wie die Waldbauern vor 150 Jahren ihre Wälder aufgeforstet und betreut haben, so leisten heute viele Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Hohenwestedt mit ihrem unermüdlichen Engagement vorbildliche Arbeit für Umwelt- und Naturschutz.

Damals hatte ein engagierter Waldliebhaber einige Wald- und Heidebesitzer im heutigen Naturpark Aukrug von der Heide- und Ödlandaufforstung überzeugen können. 1906 stand im Vereinsblatt des Heidekulturvereins: „Ende der 1860er Jahre kam ein Mann in die Gegend des Aukrugs […]. Christiansen sah, wie hier die Bauernwälder schlecht gepflegt waren, […]. Bucken und Bünzen waren ohne Wald.“

24 Waldbauern gründeten daraufhin am 24. Juli 1874 den Ersten Schleswig-Holsteinischen Waldverband. Der Zweck des Verbandes war in Paragraf 1 des Statuts festgehalten: „Der Zweck des Waldverbandes ist, die vorhandenen Holzbestände zu erhalten, durch einen rationellen Betrieb zu verbessern und durch Beforstung von Heiden und schlechten, entfernt liegenden Äckern und Wiesenländereien zu vermehren.“

Der Stein, der an die Gründung des ersten Waldverbandes erinnert

Noch heute erinnert daran ein Gedenkstein mit der immer gültigen Inschrift „Den Wald zu pflegen bringt Allen Segen“.

Nachdem besagter Christiansen den Aukrug verlassen hatte, stand für die forstfachliche Beratung und Betreuung der Vereinsförster des Heidekulturvereins und spätere Forstdirektor Carl Emeis mit Rat und Tat den Waldbauern zur Seite. Auf der Generalversammlung im Januar 1881 wurde der Grundstein für die Holz-Absatzgenossenschaft des ersten Schleswig-Holsteinischen Waldverbandes gelegt mit der Begründung: „Auch die Landwirte in der Marsch schicken ihre Ochsen nach Hamburg an einen Kommissionär […]. Warum könnte der Waldverband auf genossenschaftlichem Wege seine Walderzeugnisse nicht auch durch einen Kommissionär verkaufen lassen? […]“

Um die Aufforstungstätigkeiten im Verbandsgebiet weiterzusteigern, wurde 1895 beschlossen, dass ein „Dampfpflug […] gegen eine wohlfeile Miete zum Zwecke der Aufforstung in Tätigkeit gesetzt werde.“

Waldbesitzerverband und Forstabteilung gegründet

Nach der Jahrhundertwende ließ das Interesse am Waldbau nach. Es wurden sogar die für die Waldbegründung vorgesehenen Flächen zu Weiden und Äckern umgebrochen und Weihnachtsbaumkulturen angelegt.

Auf der Mitgliederversammlung im Frühjahr 1907 warnte der Vorsitzende, Johannes Hölk, vor der Weihnachtsbaumwirtschaft, sie sei „in ihrer jetzigen Form ein Raubbau, der uns Wüste schafft“. 1911 stellte er erneut fest: „Früher lieferte der Wald gute Erträge. Der Holzhandel blühte hier […]. Tannenbaumkultur ist die Losung. Doch das ist Raubbau […]. Wir lassen unseren Nachkommen Wüsten als Erbe.“ 1913 gingen 70 Ladungen aus den Fichtenanpflanzungen, deren erste Lichtung als Weihnachtsbäume verwandt wurde, vom Bahnhof Innien besonders nach Berlin.

Mittlerweile hatte der Holzhandel stark nachgelassen. Die Holzpreise waren schlecht und die Holzmengen zu gering. Aus Rentabilitätsgründen wurde die Baumschule geschlossen. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges ruhten die Tätigkeiten des Ersten Schleswig-Holsteinischen Waldverbandes. Erst nach dem Krieg und den wirtschaftlich schwierigen Jahren lebte der Gedanke des Waldverbandes wieder auf.

1919, als der Schleswig-Holsteinische Waldbesitzerverband gegründet wurde, wurde bei der Landwirtschaftskammer (LKSH) eine Forststelle eingerichtet. Ehemalige Waldbauern des Verbandes gründeten 1925 und 1926 die Waldbauvereine Innien und Hohenwestedt. Sie traten dem Waldbesitzerverband bei und schlossen Abkommen mit der LKSH über eine ständige Forstberatung. Die letzten Mitgliederversammlungen der Waldbauvereine fanden 1934 statt. In einem Protokollbuch steht: Verbot des Waldbauvereins durch die NS-Regierung.

Aufforstung und Waldpflege nach 1945

Der Wald prägt heute in vielen Bereichen des Gründungsgebietes die Landschaft.

Nach dem Krieg, im Herbst 1947, lud der Waldbesitzerverband für Schleswig-Holstein zur Gründung des Waldbauvereins für Hohenwestedt und Umgegend ein. Zum Vorsitzenden wurde Heinrich Reimers, Silzen, gewählt. Seine wichtigste Aufgabe war, den Mitgliedern seine Erfahrungen in der Aufforstung und Waldpflege zu vermitteln.

Als Geschäftsführer wurde der spätere Oberlandwirtschaftsrat Hans Horstmann, Hohenwestedt, gewählt. Ihm ist es zu verdanken, dass die forstliche Unterrichtung der bäuerlichen Jugend in den Lehrplan der Landwirtschaftsschule Hohenwestedt aufgenommen wurde. Nach 27 Jahren stellte er 1975 sein Amt zur Verfügung. Ihm folgte bis 1995 Helmut Gauger, Hohenwestedt.

Auf der Mitgliederversammlung im Januar 1948 regte Oberforstmeister Hans Siebenbaum als besondere Aufgaben eines Waldbauvereins zwei Waldbegehungen je Jahr an. So wurden seit 1948 bis zum heutigen Tage zahlreiche Waldbegehungen in Schleswig-Holstein sowie Exkursionen und Lehrfahrten im Bundesgebiet durchgeführt, um Erkenntnisse und Informationen über Waldbau, Waldpflege und Holzverwertung zu gewinnen.

Mit der Einrichtung der Forstabteilung bei der LKSH 1952 erhielt der Waldbauverein eine regelmäßige forstfachliche Beratung und Betreuung, zunächst durch den Kammerförster Peter Könnecke und später durch Hans Duggen.

Wegen des enormen Mitgliederzuwachses, dem Verein gehörten 140 Mitglieder mit über 1.600 ha Waldfläche an, beschaffte der Verein 1949 den Mitgliedern für die Bodenvorbereitung und Waldpflege Streifen- und Krümelpflüge, Untergrundlockerer und später auch Schlepper und Motorsägen.

Rückschläge durch extreme Windwürfe

Die großen Anstrengungen für die Erhaltung und Pflege der Wälder erlitten erhebliche Rückschläge durch die Windwürfe, besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und in den Jahren 2013 bis 2021. Neben den Spätfrösten im Mai 1961 verursachten die immer größer werdenden Rotwildbestände beträchtliche Schäden. Um die jungen Pflanzen gegen das Fegen durch Rehböcke zu schützen, könne man die Pflanzen mit den Ringen von Konservendosen behängen, um den Wildverbiss zu vermeiden, helfe ein Bestreichen mit Teer, dem ein Drittel Ätzkalk zugesetzt werde, hieß es damals. Eschen seien mit Carbolineum zu bestreichen.

Trotz der Kalamitäten und der ungünstigen Preisentwicklung auf dem Holzmarkt ging man verstärkt weiter an die Arbeit.

Hans-Caspar Graf zu Rantzau (li.), Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes, mit Claus Ratjen. Er stand fast drei Jahrzehnte an der Spitze der FBG.Fotos (2): Isa-Maria Kuhn

Am 27. Januar 1967 lehnte Heinrich Reimers eine Wiederwahl ab, da er am 2. Oktober seinen 85. Geburtstag gefeiert hatte. Somit ging nach 20 Jahren erfolgreicher Arbeit eine Ära zu Ende. In dieser Zeit wurden zirka 350 ha Waldflächen mit über 4,5 Millionen Sämlingen begründet, und für die Schädlingsbekämpfung im Wald wurden für die Vogelwelt 2.147 Nistkästen und 90 Futterkästen an die Mitglieder verteilt.

Holzagentur wird ins Leben gerufen

Mit dem neuen Vorsitzenden, Dr. Alex Gloy, Silzen, trat ein Mann an die Spitze des Vereins, der sich erfolgreich gegen die Wettbewerbsverzerrungen für das heimische Holz durch Importhölzer eingesetzt hatte. An der Gründung der Schleswig-Holsteinischen Holzagentur 1962 war er maßgeblich beteiligt.

Nach dem plötzlichen Tod von Alex Gloy wurde Hans-Heinrich Ebeling, Waldhütten, 1970 Vorsitzender des Vereins. Ihm lag die Weiterbildung mit Waldbesichtigungen und Lehrfahrten besonders am Herzen. Für den Waldbau forderte er, nicht nur standortheimische, sondern eher standortgerechte Bäume zu pflanzen. Die Douglasie war sein Favorit. Weitere Themen auf den Versammlungen waren, um nur einige zu nennen, neben dem Holzmarkt die biologische Bekämpfung forstschädlicher Insekten und die Methode, der Versauerung der Böden mit Bodenschutzkalkungen entgegenzuwirken.

Seit 1979 heißt es Forstbetriebsgemeinschaft

Mit dem Inkrafttreten des Bundeswaldgesetzes 1975 und nach zahlreichen Versammlungen beschloss die Mitgliederversammlung 1979 die Umwandlung des Waldbauvereins in die Forstbetriebsgemeinschaft Hohenwestedt.

Seit dem 1. Februar 1992 genießt Rolf-Martin Niemöller, Hanerau-Hademarschen, als Bezirksförster der FBG großes Vertrauen bei den Waldbesitzern. Seine besondere Aufgabe ist es heute, die in den 1960er Jahren begründeten Nadelholzbestände in naturnahe, stabile Mischbestände zu überführen und Waldbesitzer forstfachlich zu beraten und zu betreuen.

Am 10. Februar 1995 stellte sich der langjährige Vorsitzende, Hans-Heinrich Ebeling, für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung. Sein Nachfolger, Claus Ratjen, Aukrug-Homfeld, übernahm das Amt mit folgenden Worten: „Waldbau ist eine generationsübergreifende Aufgabe, die ich schon vom Vater und Großvater übernommen habe.“ Weiterhin führte er an, dass zu einem gesunden Mischwald auch Fichten gehörten, womit er deutlich machte, dass neben den Schutz- und Erholungsfunktionen auch der Bewirtschaftung des Waldes ein angemessener Platz einzuräumen sei. Seine Amtszeit war gekennzeichnet durch die Gründung der Kooperationsgemeinschaft Forstbetriebskontor Hohenwestedt und die Gründung der Betriebsgemeinschaft Forst w. V. sowie die Zertifizierung nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) als Zwischenstelle.

Gleichzeitig mit Hans-Heinrich Ebeling beendete auch der Geschäftsführer, Helmut Gauger, seine Tätigkeit. Jürgen Panten, Hohenwestedt, war sein Nachfolger, und von 1998 bis 2019 übernahm Uwe Tertin, Aukrug-Innien, die Geschäftsführung. Ihm folgte Hans-Joachim Rathjen, Aukrug-Böken. Am 12. März 2022, nach 28 Jahren als Vorsitzender, beendete er seine Amtszeit. Sein Nachfolger ist Dietrich Ebeling, Sohn des vorletzten Vorsitzenden des Vereins. 

Der Vorsitzende der FBG Hohenwestedt, Dietrich Ebeling, erläutert auf der Jubiläumsveranstaltung die Geschichte der FBG.Fotos (3): Rolf-Martin Niemöller

Fazit

1874 hatten sich 24 Waldbauern mit dem Ziel der Vermehrung und der Pflege ihrer Wälder zusammengeschlossen, und heute, nach 150 Jahren, streben mehr als 420 Mitglieder mit über 3.490 ha Waldfläche das gleiche Ziel unter Berücksichtigung einer naturnahen und nachhaltigen Forstwirtschaft an.

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