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Insektenproteinmehl als Alternative zur Sojabohne

Schweine aktuell: Haben Insekten eine Zukunft in der Fütterung?
Von Philipp Jeiler, Dr. Kilian Fenske, Dr. Michael Lütke-Dörhoff, Prof. Dr. Heiner Westendarp, Hochschule Osnabrück ; Dr. Sandra Vagt, Agravis Raiffeisen AG
Im Versuch wurden die Auswirkungen auf Leistung und Gesundheit der Ferkel getestet. Foto: Dr. Ariane von Mallinckrodt

Bei Themen wie ­Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ­finden nicht zuletzt die ökologischen Folgen von Eiweißträgerimporten nach Europa Erwähnung. Die Sojaproduktion erfolgt überwiegend in tropischen Regionen der Erde und weniger in nördlichen Gebieten, in denen die größten Tierbestände ­gehalten werden. Sind Insekten eine ­Futteralternative?

Die Sojabohne und ihre Nebenprodukte Sojaproteinkonzentrat (SPC) und Sojaextraktionsschrot (SES) gelten als Hauptproteinquelle in der Tierfütterung. Die inländische Erzeugung kann den Bedarf an Eiweißfuttermitteln in Deutschland nicht decken. In diesem Zusammenhang wird auch von der „Eiweiß­lücke“ gesprochen, die im Wesentlichen durch den Import von Sojaprodukten geschlossen wird.

Die führenden Exportländer von Sojabohnen stellen Brasilien und die USA dar, die 86 % des Sojaimports Deutschlands liefern. Neben der Umwandlung von Regenwäldern oder anderen natürlichen Vegetationen in Agrarland in Südamerika entsteht ein erhöhter Energieverbrauch für Transport- und Verarbeitungsschritte von Sojaprodukten.

Bei der Suche nach einer geeigneten Alternative für Sojaprodukte als Eiweißfuttermittel hat die Forschung nicht nur Raps oder Körnerleguminosen, sondern auch Insekten auf dem Zettel. Denn Futtermittel tierischer Herkunft, und damit auch das Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege ­(Hermetia illucens), weisen regelmäßig ein nahezu bedarfsgerechtes Aminosäuremuster für Nutztiere bei gleichzeitig hohem Proteingehalt auf.

Um den Einfluss von Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege auf die Leistung und die Gesundheit in der Ferkelaufzucht sowie die Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit zu untersuchen, hat ein Team des Fachgebiets Tierernährung der Hochschule Osnabrück einen Fütterungsversuch durchgeführt.

Aufbau des Versuchs

384 Ferkel der Abstammung TN70 x Pi-Select wurden in Zwölferbuchten mit 0,41 m² pro Tier in einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis aufgestallt. Der Versuch fand in Kooperation mit der Agravis statt. Dementsprechend erhielten die 192 Ferkel der Kontrollgruppe als erstes Ferkelaufzuchtfutter (FAZ 1) OlymPig AlphaStart, als FAZ 2 OlymPig EuroStart und als FAZ 3 OlymPig VincoStart. Bei der Versuchsgruppe wurden das gesamte Sojaproteinkonzentrat im FAZ 1 und 4,6 % SES im FAZ 2 durch das Insektenprotein ausgetauscht. Die Futtermischungen wurden hinsichtlich des Aminosäuremusters und der chemischen Zusammensetzung ausgeglichen (siehe Tabelle 1). In der dritten Aufzuchtphase erhielten Versuchs- und Kontrollgruppe das gleiche Futter.

Bei der Einstallung wogen die Tiere im Mittel 7,26 kg mit einer Spanne von 6,2 bis 8,8 kg. Sie wurden mit unterschiedlich farbigen Ohrmarken gekennzeichnet und zu jedem Phasenwechsel einzeln verwogen. Dabei wurden Läsionen an Schwanz, Ohr und Flanke bonitiert. Futterverbräuche, Auffälligkeiten im Kot und Medikamenteneinsätze wurden täglich dokumentiert. Kurz vor dem abrupten Futterwechsel wurden die Restmengen in den Automaten verwogen, um die einzelnen Fütterungsphasen exakt bewerten zu können.

Auswirkungen auf die Ferkelaufzucht

Nach 49 Tagen in der Aufzucht wogen die Ferkel der Kontrollgruppe 470 g mehr als die der Versuchsgruppe (siehe Tabelle 2). Sie nahmen aber auch 470 g mehr Futter auf, sodass die Futterverwertung beider Varianten 1:1,57 betrug. In der zweiten Versuchsphase vom 20. bis zum 35. Versuchstag waren die Tageszunahmen der Kontrollgruppe um 37 g signifikant höher als die der Versuchsgruppe. Dadurch unterschied sich auch das Lebendgewicht am 35. Versuchstag signifikant.

In der letzten Versuchsphase wurde dieser Unterschied jedoch durch eine signifikant bessere Futterverwertung der Versuchsgruppe wieder ausgeglichen. In der zweiten Versuchsphase konnte ebenso ein tendenzieller Unterschied bei der Futteraufnahme festgestellt werden. Die Kontrollgruppe nahm in der zweiten Versuchsphase 33 g mehr Futter auf als die Versuchsgruppe.

Insgesamt hatten beide Versuchsvarianten sehr ähnliche Tageszunahmen über den gesamten Versuchszeitraum mit 462 g in der Kontrollgruppe und 453 g in der Versuchsgruppe. Die Unterschiede hinsichtlich des Lebendgewichts, der Tageszunahme und der Futteraufnahme sind über den gesamten Versuchszeitraum von Versuchstag 0 bis 49 ebenfalls nicht signifikant.

Die gesammelten Ergebnisse der Leistungsparameter werden noch einmal in der Abbildung zusammengefasst. Für die Futterverwertung wird der Lebendmassezuwachs pro Kilogramm aufgenommener Futtermenge verwendet, damit eine größere Säulenhöhe einheitlich auf eine höhere Leistung hinweist. Die Werte von Versuchs- und Kontrollgruppe, die sich signifikant unterscheiden, sind mit einem grünen Pfeil gekennzeichnet. Die Werte, die sich tendenziell unterscheiden, sind mit einem orangefarbenen Pfeil gekennzeichnet.

Auch hinsichtlich der Gesundheit konnten in dem Versuch keine Unterschiede zwischen den Gruppen ausgemacht werden. Beide waren hinsichtlich der Behandlungshäufigkeit, der Kotkonsistenz und der Bonitur von Verletzungen an den Körperpartien Schwanz, Ohr und Flanke unauffällig. Auch die Verluste waren auf dem gleichen Niveau.

Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit

Aufgrund der hohen Kosten des Insektenproteinmehls von 500 €/dt war das Futter mit Insektenprotein in der ersten Versuchsphase 10,39 €/dt teurer als das Futter mit Sojaproteinkonzentrat (siehe Tabelle 3). Dadurch entstanden in den ersten 19 Tagen 0,64 € Mehrkosten pro Ferkel. In der zweiten Versuchsphase lag die Differenz zwischen den beiden Futtermitteln bei 7,23 €/dt, sodass wiederum Mehrkosten für die Fütterung mit Insektenprotein von 0,60 € pro Ferkel entstanden. In der letzten Versuchsphase wurde das gleiche Futtermittel für beide Varianten verwendet, sodass der Futtermittelpreis gleich war.

Durch die bessere Futterverwertung der Gruppe, die zuvor mit dem Insektenprotein gefüttert worden war, entstand eine Einsparung von 0,08 € pro Ferkel der Versuchsgruppe in der letzten Versuchsphase. Insgesamt betrugen die Futterkosten in der Kontrollgruppe 17,30 € pro Ferkel und in der Versuchsgruppe 18,45 € pro Ferkel.

Neben den Futterkosten beeinflusst aber auch der Erlös pro Ferkel die Wirtschaftlichkeit. Der Erlös bei der Kontrollgruppe betrug 44,90 € und der Erlös der Versuchsgruppe 44,42 € pro Ferkel. Somit ergibt sich ein Erlös abzüglich Futterkosten (IOFC) von 27,60 € in der Kontrollgruppe und von 25,97 € in der Versuchsgruppe. Durch die Fütterung des Insektenproteins wurde der IOFC somit um 1,63 € gemindert.

Für einen wirtschaftlichen Einsatz des Insektenproteinmehls hätten die Kosten dieser Futterkomponente um etwa 80 % geringer sein müssen (100,86 €/dt). Dementsprechend sind neben der Erforschung der ernährungsphysiologischen Wirkung des Insektenproteinmehls auch Möglichkeiten der Reduktion von Produktions- und Verarbeitungskosten zu ermitteln.

Fazit

In der Nutztierhaltung rücken bei der Auswahl von Futterkomponenten neben der Qualität der Futtermittel auch Themen wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in den Fokus. Die Schwarze Soldatenfliege gilt aufgrund der hohen biologischen Wertigkeit des Proteins (über 85 % Verdaulichkeit) und des hohen Proteingehaltes als sehr erfolgversprechende Proteinquelle, die in Deutschland produziert werden kann. Die Mast von Insekten bietet landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit, in ein alternatives Betriebskonzept zu investieren, um das eigene Futterprotein herstellen zu können.

Sowohl im Produktions- und Verarbeitungsprozess für eine effiziente Herstellung von Insektenproteinmehl der Schwarzen Soldatenfliege als auch in der Tierernährung hinsichtlich der Auswirkungen von Insektenprotein auf Gesundheit und Wachstum des Schweins besteht noch immer Forschungsbedarf. Insgesamt ließen sich in dem Versuch lediglich für einzelne Versuchsphasen signifikante Unterschiede in den Leistungsparametern von Versuchs- und Kontrollgruppe feststellen, jedoch nicht über den gesamten Versuchszeitraum.

Dementsprechend zeigen die Ergebnisse, dass eine Substitution von SES oder SPC durch das Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege möglich ist und dass sich das Insektenprotein als alternative Rohproteinquelle in der Ferkelaufzucht eignet. Für einen wirtschaftlichen Einsatz in der Nutztierhaltung müssten die Kosten dieser Futterkomponente reduziert werden. Dementsprechend wird das Insektenprotein aufgrund seiner hypoallergenen Eigenschaften bisher hauptsächlich im Petfoodbereich eingesetzt, wobei der Ausbau verfügbarer Mengen am Markt zu einer Anpassung der preislichen Diskrepanz führen könnte.

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