Der Wert des deutschen Agrarexports ist im ersten Halbjahr 2024 gesunken, während die entsprechenden Einfuhren zulegten. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurden mit der Ausfuhr von Agrarprodukten und Lebensmitteln einschließlich forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, Tabakwaren und Getränke 48,06 Mrd. € erlöst; das waren 807 Mio. € oder 1,7 % weniger als in der ersten Jahreshälfte 2023. Dagegen nahm der Wert der Agrareinfuhren um 2,53 Mrd. € beziehungsweise 4,5 % auf 58,80 Mrd. € zu. Mithin erhöhte sich das Agraraußenhandelsdefizit um 45,2 % auf 10,74 Mrd. €.
Gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 errechnet sich für die deutschen Agrarausfuhren allerdings noch ein Wertplus von 8,0 %. In der ersten Jahreshälfte 2023 waren die Exporte nämlich sehr kräftig gestiegen, und zwar um 4,4 Mrd. € oder fast 10 % auf damals 48,9 Mrd. €. Die Agrareinfuhren hatten seinerzeit bei 56,3 Mrd. € stagniert.
Einfuhren übertreffen Ausfuhren um das Vierfache
Den mit Abstand größten Posten im deutschen Agraraußenhandel bildet die Warengruppe „Nahrungsmittel und Futtermittel“. Hierfür wird im aktuellen Halbjahresvergleich ein Rückgang des Exportwertes um 1,2 % auf 37,04 Mrd. € ausgewiesen. Die betreffenden Importe nahmen um 0,8 % auf 32,88 Mrd. € ab. Mit Nahrungs- und Futtermitteln erzielte Deutschland von Januar bis Juni 2024 somit einen Ausfuhrüberschuss von 4,15 Mrd. €.
Ganz anders sieht dies bei der Rubrik „Erzeugnisse der Landwirtschaft und Jagd“ aus. Hier standen in den ersten sechs Monaten von 2024 Exporten im Wert von 5,49 Mrd. € Einfuhren für 19,44 Mrd. € gegenüber. Während auf der Aufuhrseite ein Minus von 3,8 % verzeichnet wurde, gab es bei den Importen ein sehr kräftiges Plus von 17,4 %.
Anti-Produktionspolitik zeigt Wirkung
Die German Export Association for Food and Agriproducts (Gefa) blickt besorgt auf die Halbjahreszahlen zum deutschen Agraraußenhandel. Aus Sicht der Gefa ist der Rückgang auch den „oftmals politisch gewünschten Produktionssenkungen“ zuzuschreiben.
„Die Wettbewerbssituation im Ausland und der Kampf um die Regalplätze in den Auslandsmärkten werden härter“, stellte Gefa-Sprecher Hartmut Kretschmer fest. Gleichzeitig werde die heimische Produktion mit ständig neuen und „oft nutzlosen bürokratischen“ Anforderungen belastet, statt endlich die dringend notwendige und regelmäßig angekündigte Bürokratiewende einzuleiten.
Verlagerung ins Ausland hilft der Umwelt nicht
„Die Verlagerung von Produktion und Wertschöpfung ins Ausland hilft weder dem deutschen Standort noch der Umwelt“, gab Gefa-Vizesprecher Jan-Bernd Stärk ergänzend zu bedenken. Die deutsche Politik müsse ihre Anstrengungen zur Stärkung der heimischen Lebensmittelproduktion deutlich erhöhen. Neben der Entbürokratisierung bedürfe es auch der Förderung des Exports von Agrarprodukten und Lebensmitteln. „Es ist nicht weiter hinnehmbar, dass sich der Agrargunststandort Deutschland aus seiner Verantwortung für eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln zurückzieht“, so Stärk.
Die Gefa mahnt einen schnelleren Abbau von Handelsrestriktionen sowie engagiertere Initiativen zur Öffnung von Auslandsmärkten an. Das betrifft ihr zufolge auf EU-Ebene den Abschluss von Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten und in Südostasien beziehungsweise im Fall Deutschlands zum Beispiel Veterinärzulassungen in wichtigen Drittlandmärkten. Zudem wird ein Abbau bürokratischer Hemmnisse bei aufwendigen Deklarationsforderungen sowie bei der Einhaltung von Ursprungsregelungen gefordert. age
Europäischer Milchsektor
im Visier
Chinesisches Antidumpingverfahren
China stellt Milchimporte aus der Europäischen Union auf den Prüfstand. Vergangene Woche kündigte das chinesische Handelsministerium ein Antidumpingverfahren gegen Milcherzeugnisse aus der EU an. Laut Angaben der Nachrichtenagentur AFP sind unter anderem Quark, Milch und Sahne sowie Käsesorten wie Blauschimmelkäse und Frischkäse betroffen. Wie Peking mitteilte, wurde die Untersuchung aufgrund eines Beschwerdeantrags aus der chinesischen Milchbranche eingeleitet. Bemängelt wird, dass die im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik gewährten Subventionen eine unfaire Marktverzerrung zuungunsten der chinesischen Erzeuger darstellen. Im Jahr 2023 exportierte die EU Milchprodukte im Wert von 1,76 Mrd. € nach China. Der Schritt erinnert an das Vorgehen Chinas gegen europäische Schweinefleischexporte. Im Juni hatte das Handelsministerium der Volksrepublik nach der Beschwerde eines Interessenverbandes der heimischen Schweinefleischindustrie ebenfalls ein Antidumpingverfahren eingeleitet. Beobachter gehen davon aus, dass beide Verfahren eine direkte Antwort auf die von der EU verhängten Ausgleichszölle gegen chinesische Elektroautos sind. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, man sei sich sicher, dass die von Peking kritisierten Förderpraktiken dem Regelwerk der Welthandelsorganisation entsprächen. Ungeachtet dessen werde man die vorliegenden Informationen prüfen. Einen möglichen Zusammenhang mit den geplanten Antidumpingzöllen auf chinesische Elektroautos wollte der Sprecher nicht kommentieren. age