Die Klauengesundheit von Sauen spielt auf den meisten Betrieben bisher eine geringe Rolle. Bei einer Betrachtung und dem anschließenden Vergleich bisheriger Studien wird jedoch deutlich, welche Bedeutung das Thema eigentlich hat. Immerhin weisen zwischen 80 bis 95 % der gehaltenen Sauen mindestens eine Klauenverletzung auf.
Dabei können Verletzungen von einer leichten Ballenerosion oder überwachsenen Klauen bis hin zu Afterklauenabrissen, Klauenrehen und tiefen Hornspalten auftreten. Hinzu können Infektionserkrankungen wie Panaritium kommen. All diese Erkrankungen schränken die Sauen in ihren Funktionskreisen und im artgerechten Verhalten ein.
Auswirkungen auf die Ferkelleistung
Wie stark diese Einschränkungen sind, hängt von der Zahl, Art und Schwere der Läsionen ab. Dabei führt nicht jede Klauenverletzung zu einer Lahmheit, die bei der Tierkontrolle zu erkennen ist. Tiere mit bestimmten Klauenverletzungen benötigen jedoch mehr Versuche zum Aufstehen, rutschen häufiger weg und haben verkürzte Steh- und Fresszeiten. Ebenso kann es zu einer Verdrängung vom Fressplatz, einer unzureichenden Futteraufnahme bei langen Laufwegen in Abrufstationen und einer eingeschränkten Wasseraufnahme kommen. Dies alles hat Auswirken auf die Ferkelleistung. So sind mögliche Folgen von überlangen oder verletzten Klauen eine erhöhte Zahl an Saugferkelverlusten, eine geringere Zahl abgesetzter Ferkel sowie ein verringertes Absetzgewicht. Neben den entstandenen Verlusten in der Abferkelung kann es auch zu höheren Umrauschraten oder zu verfrühten Abgängen der Sauen kommen. Ein Anstieg der Remontierungsrate und den damit verbundenen Remontierungskosten ist die Folge.
Einfluss der Bodengestaltung
Die Einflussfaktoren auf die Klauengesundheit sind genauso zahlreich wie die daraus resultierenden Verletzungen. Eine entscheidende Rolle spielt die Bodengestaltung. Grundsätzlich sollten alle Böden trittsicher, rutschfest und frei von Kanten oder Ausbrüchen sein. Neben einer geringen Spaltenbreite, die das weite Einsinken der Klauen verhindert und somit Kronsaum- und Wandhornläsionen vorbeugt, hat auch die Bodenhygiene einen starken Einfluss auf die Klauengesundheit. Bei verschmutzten, feuchten Böden wird Infektionserregern der Eintritt durch die aufgeweichte Haut erleichtert und die Übertragung durch Kot und Urin erhöht. Zudem sollte der Boden regelmäßig auf seinen Zustand überprüft werden. Hierbei ist sowohl auf entstandene Schäden, Kanten und Ausbrüche zu achten als auch darauf, ob die Oberfläche zu rau oder zu glatt geworden ist.
Bei zu rauen Böden gibt es einen zu starken Hornabrieb und es entstehen Verletzungen im Sohlen- und Ballenbereich der Klaue. Im Gegensatz dazu kommt es bei zu glatten Böden zu einem deutlich geringeren Klauenabrieb, wodurch das Klauenhorn zu lang wächst und die sogenannten Stallklauen entstehen. Durch den veränderten Klauenwinkel kommt es sowohl zu einer starken Mehrbelastung des Ballenbereiches als auch zu einem Fesseltiefstand, welcher eine Belastungsrehe zur Folge haben kann. Außerdem rutschen die Tiere auf glatten Böden öfter aus und weisen dadurch Hautverletzungen im hinteren Drittel des Gesäuges auf.
Im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit konnte in den bisherigen Studien kein Unterschied zwischen Beton- und Kunststoffböden sowie planbefestigten und perforierten Böden festgestellt werden. Lediglich eine dicke Einstreu (Stroh oder Sägespäne) konnte die Klauengesundheit nachweislich verbessern. Mit Gummi beschichtete Böden zeigten unterschiedliche Auswirkungen auf die Klauengesundheit. Auffällig hierbei ist jedoch, dass Gummimatten im Liegebereich für eine Verminderung der Wandhornabschürfungen sorgten. Diese entstehen durch Ruderbewegungen der Sau im Liegen. Im Abferkelbereich wurde festgestellt, dass die Sauen auf Gusseisenrosten eine geringere Zahl an Klauenverletzungen aufweisen als Sauen, die auf Kunststoffböden standen.
Die Ergebnisse von Studien aus der Umstellungsphase zur Gruppenhaltung im Wartestall zeigten eindeutig, dass in der Gruppenhaltung mehr Klauenverletzungen auftreten. Die Gründe hierfür sind naheliegend, da sich die Tiere dabei deutlich mehr bewegen. Hieraus kann ein stärkerer Klauenabrieb resultieren. Außerdem kommt es bei Rangordnungskämpfen und Ausweichmanövern zu schnellen Richtungswechseln. Dabei werden die Hinterklauen extrem stark belastet, es entsteht eine stärkere Reibung und die Gefahr vom Hängenbleiben in Spalten oder an Stalleinrichtungen erhöht sich.
Mit Blick auf die kommenden Änderungen in der Sauenhaltung spielt die Klauengesundheit eine zunehmende Rolle. Durch die Gruppenhaltung im Deckzentrum kommt neben den Rangordnungskämpfen auch noch das Aufspringen in der Rausche belastend hinzu. Es empfiehlt sich daher im Gruppierungsbereich und dem Deckzentrum, einen trittsicheren, im Idealfall eingestreuten Boden zu haben sowie Rückzugsorte wie beispielsweise Liegekessel und ausreichend Beschäftigungsmaterial anzubieten.
Die Fütterung beachten
Für die Qualität des Klauenhornes ist die Fütterung entscheidend. Unter anderem hängt die Hornhärte von den schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein und Methionin ab. Auch das wasserlösliche Vitamin Biotin kann vom Schwein nicht selbst synthetisiert werden und muss über Mineralfutter ergänzt werden. Bei einem Mangel nimmt die Hornqualität ab und es treten verstärkt Risse an der Klaue auf. Aus der Gruppe der Spurenelemente haben Zink, Kupfer und Mangan den größten Einfluss auf die Klauengesundheit. Bei ihnen ist jedoch nicht nur die ausreichende Versorgung, sondern auch die Bioverfügbarkeit ein entscheidender Faktor. Zudem ist auch die Fütterungstechnik wichtig. So sollte um die Fressbereiche, insbesondere bei Abrufstationen, ausreichend Platz sein, damit die Sauen einander ausweichen können. Ebenso können ein gutes Tier-Fressplatz-Verhältnis, die zusätzliche Gabe von Raufutter sowie ein Futterstart in der Nacht Ruhe hineinbringen.
Neben den haltungsbedingten Einflussfaktoren gibt es auch tierindividuelle Faktoren. Das Alter, die Wurfanzahl sowie die Genetik beeinflussen die Klauengesundheit. Jedoch muss man hierbei beachten, dass Tiere mit einer schlechten Klauengesundheit häufig schon früh aus der Herde ausscheiden, ohne dass die Gründe erfasst und dokumentiert werden. Es lohnt sich also schon bei der Jungsauenanlieferung oder -auswahl, einen genauen Blick auf die Klauen und das Fundament zu werfen.
Klauenbonitur und Klauenpflege
Um sich einen Überblick über die Klauengesundheit der Herde zu machen, empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen eine Klauenbonitur durchzuführen. Dies bietet sich besonders nach dem Einstallen in Abferkelbereich an. Für die visuelle Bewertung gibt es verschiedene Einteilungen und Skalen, die häufig noch mit Beispielfotos versehen sind. Eine Dokumentation der festgestellten Klauenläsionen ist hierbei hilfreich.
Ein regelmäßiger Klauenschnitt als Pflegemaßnahme, wie es ihn im Rinderbereich gibt, spielte in der Schweinehaltung bis jetzt eine untergeordnete Rolle. Dabei kann eine rechtzeitige Klauenpflege Klaunverletzungen vorbeugen und sie teilweise beheben. Die einfachste Möglichkeit bietet das Kürzen der Afterklauen. Als Hilfestellung für die Länge gilt, dass die Afterklauen bis auf Höhe des Kronsaumes eingekürzt werden sollten. Das Kürzen wirkt sich positiv auf das Gangbild der Sau aus. Das senkrechte Kürzen der Klauenspitzen mit einer Astschere führt hingegen zu einer Verschlechterung des Gangbildes. Dies ist mit dem Verlust der natürlichen Klauenform zu begründen. Die Klaue wird dabei weder in der Höhe noch in der Form des Wandhornes angepasst, was die Balance stört. Die funktionelle Klauenpflege bringt den meisten Erfolg. Dabei wird eine gleichmäßige Lastverteilung angestrebt. Dafür werden die Klauen einander angepasst, die Sohlenflächen parallel zum Klauenbein ausgerichtet, die Ballen entlastet und ebenfalls die Afterklauen eingekürzt. Für die Klauenpflege gibt es auch im Schweinebereich mittlerweile verschiedene Klauenbehandlungsstände. Diese reichen von einfachen Kurbeln zum Anheben der Hinterbeine im Kastenstand bis hin zum vollhydraulischen Klauenpflegestand.
Bis jeder Betrieb routinemäßige Klauenpflege bei seinen Sauen durchführt, ist es noch ein langer Weg. Jedoch ist bereits die regelmäßige Bonitierung hilfreich, um einen Überblick über den Bestand zu haben. Auch das Kürzen der Afterklauen ist eine gut umzusetzende Möglichkeit.