Auf der Bioschweinetagung in Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz ging es kürzlich unter anderem um den Markt und die Fütterung. Christian Wucherpfennig fasst zusammen, was sonst noch aktuell ist.
„Bei Biofleisch sind die Discounter und die Verbandsware die Treiber, was für Biofleisch neu ist“, stellte Diana Schack von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) dar. Der mit Bioprodukten erzielte Umsatz ist im Jahr 2023 nur durch Preissteigerungen auf 16 Mrd. € gestiegen. „Von Januar bis April 2024 konnten wir jedoch gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Mengenwachstum von 2,7 Prozent bei einem Umsatzwachstum von nur 1,7 Prozent feststellen, sodass Anfang des Jahres die Preise sogar leicht zurückgingen“, betonte Schaack.
Der große Gewinner sind dabei die Discounter mit einem Mengenwachstum von 8,2 %, während im Naturkostfachhandel 12 % weniger Bioprodukte verkauft wurden. 40 % des Biofleisches werden mittlerweile über Discounter vertrieben, während der Naturkostfachhandel hier nur noch einen Anteil von 4 % aufweist.
„Wie im Vorjahr gibt es einen Rückgang bei Biofleischersatzprodukten, vielleicht auch weil sie preislich auf dem Niveau von Biofleisch liegen“, beobachtet Schaack. Der stagnierende Absatz von Bioschweinefleisch liegt nach Ansicht der Referentin vor allem an dem Rohstoff, weil in der jüngeren Vergangenheit kaum noch Betriebe umgestellt haben.
Aldi, Netto und Penny im Boot
Die seit einiger Zeit bestehende Zusammenarbeit des Anbauverbandes Naturland mit dem Discounter Aldi, aber auch mit Netto und Penny, war Anlass für die Gesprächsrunde „Wertschöpfungsketten erfolgreich gestalten“. Bei Naturland wird diese Zusammenarbeit über die Naturland Zeichen GmbH abgewickelt. „Trotz der erst seit Kurzem bestehenden Kooperation hat Aldi schon viel Verbandsware“, freute sich deren Mitarbeiter Lukas Kniehl und ergänzte: „Bis Ende des Jahres streben wir bei Aldi Süd 25 Prozent Verbandswarenanteil an.“
Dabei erleichterte es die Umstellung auf Naturland-Qualität, dass zuvor schon Naturland-Ware in Aldi-Filialen verkauft wurde, aber bisher ohne Auslobung der Verbandsqualität. Die Verträge mit Aldi seien über mehrere Jahre entwickelt worden, und die Komplexität der Naturland-Zertifizierung führe dabei auch zu einer langfristigen Zusammenarbeit.
Sebastian Kühn schaut als Geschäftsführer mit seinem bei Berlin gelegenen Unternehmen Eberswalder Wurstspezialitäten „in alle Richtungen und jetzt ganz neu in Richtung Bio“. Dabei setze man mit dem Handel und allen Beteiligten auf verbindliche und langfristige Vereinbarungen, denn jeder neue Schritt bedeute zu Beginn erst einmal eine Investition. „Leider erlegt es uns der Handel meistens auf, dessen Eigenmarke zu nutzen“, berichtete Kühne und schlug vor, die Handelsmarken „mit sympathischen Herstellermarken aus der Region“ zu verbinden.
„Nur nur Natur“ am Start
Benjamin Krieft, geschäftsführender Gesellschafter des seit 40 Jahren bestehenden Wurstfabrikanten Börner-Eisenacher, berichtete, dass Biowurst schon seit 2004 über Rewe und Aldi verkauft werde. „Bei einem Umsatz von 50 Millionen Euro haben wir mittlerweile einen Bioanteil von 75 Prozent“, stellte er heraus. Bisher wurden auch seine Bioartikel nur als EU-Bioqualität verkauft, und so freue er sich, beim Start von „Nur nur Natur“ in Verbindung mit Naturland von Beginn an dabei zu sein. „Ich wünsche mir, dass mehr Landwirte den Weg in Richtung Bio gehen, denn wir könnten definitiv mehr vermarkten, wenn ausreichend Bioschweine vorhanden wären“, gab Krieft einen positiven Ausblick.
Die anwesenden Landwirte machten eindrucksvoll darauf aufmerksam, dass Preissteigerungen auch deshalb notwendig seien, um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angemessen entlohnen zu können und gegenüber anderen Berufssparten wenigstens annähernd konkurrenzfähig zu sein.
Maren Bornheimer-Schwalbach betreibt zusammen mit ihrem Mann Bernd die Bio-Schweinothek im hessischen Gau-Bickelheim. „Wir haben uns bewusst, um aus der Masse herauszustechen, für die fetteren Bentheimer Schweine entschieden“, begründete Bornheimer-Schwalbach ihr Konzept. Da in der Region weit und breit keine Hausschweine gehalten werden und sich auch keine Wildschweine aufhalten, stellt die Freilandhaltung für die Veterinärbehörden kein Problem dar. Gefüttert werden die Schweine mit Getreide und Kartoffeln sowie im Sommer auch mit frischer Luzerne. Neben dem Hofladen wird das Fleisch auch über einen kleinen Marktwagen verkauft, in dem neben Schweinepattys auch vegetarische und vegane Burger zum einheitlichen Preis von 11,50 € angeboten werden.
Bedarfsgerechte Fütterung
Wie Bioschweine bedarfsgerecht und kostengünstig gefüttert werden können, stellte Sarah Mößner vom Raiffeisen-Kraftfutterwerk in Kehl am Rhein vor. Schon seit 2010 werden ökologische Futtermittel produziert und vor allem in Südwestdeutschland verkauft, wobei der Bioanteil an der Gesamtproduktion bei 17 % liegt. Alle Komponenten werden analysiert und anhand selbst entwickelter Rezepturen auf Bestellung produziert.
Mit Sau Fasermix gibt es ein an den geringen Bedarf tragender Sauen angepasstes Futter, das auf Basis energie- und proteinarmer Futtermittel wie Zuckerrübenmelasseschnitzel und Weizenkleie auch aufgrund der Quellfähigkeit für eine gute Sättigung sorgt. Zum Abschluss gab Mößner den Tipp: „Mit nur einem Vor- und einem Endmastfutter lässt sich über einen schrittweisen Verschnitt eine mehrphasige und damit altersangepasste Fütterung erreichen.“
Ersatz für konventionelles Kartoffeleiweiß
Als Geschäftsführer der BioEichenmühle in Stavenhagen in Mecklenburg-Vorpommern setzte sich Carsten Pohl schwerpunktmäßig mit der 100-%-Biofütterung von Ferkeln auseinander und berichtete, dass voraussichtlich ab 2027 der Einsatz konventioneller Eiweißfuttermittel für Ferkel bis 35 kg nicht mehr zulässig sein werde. „Biosojakuchen und Biosojabohnen weisen nicht nur deutlich weniger Aminosäuren auf, sondern haben mit 86 beziehungsweise 77 Prozent auch eine deutlich geringere praecaecale Verdaulichkeit als Kartoffeleiweiß“, warnte Pohl.
Im eigenen Werk wird verstärkt mit Fischmehl gearbeitet, das eingesetzt werden kann, weil es als nichtlandwirtschaftliches Futtermittel nicht unter die 5-%-Regelung fällt und eine mit Kartoffeleiweiß vergleichbare Verdaulichkeit aufweist. Bei Bioland und Demeter ist Fischmehl aber nicht zulässig. „In den vergangenen Jahren setzten daher die deutschen Biofuttermittelhersteller auch nur 20 Tonnen Biokartoffeleiweiß im Schweinefutter ein, während der Verbrauch von konventionellem Kartoffeleiweiß bei 800 bis 1.000 Tonnen liegt“, zeigte Pohl die Schwierigkeiten auf.
Auch wenn man alle Möglichkeiten ausschöpfe, mit hochwertigen Bioeinzelkomponenten zu arbeiten, werde der Trend vermutlich dahin gehen, mit abgesenkten Rohprotein- und Aminosäurengehalten zu arbeiten, um keinen Durchfall zu riskieren. „Mit einem 100-prozentigen Bioferkelfuttermittel schaffen wir es nicht mehr, die einschlägigen Empfehlungen auf Basis der Bruttowerte für das ideale Protein einzuhalten“, fasste Pohl nüchtern zusammen und warnte vor Gefahren für Gesundheit und Tierwohl bei unausgewogenen Rationen. Eine Warnung, der sich die anwesenden Praktiker und Praktikerinnen anschlossen.
Gute Aufzuchtleistungen in Luxemburg
Im Jahr 2022 begann Michel Steichen aus Luxemburg mit dem Bau eines Bioschweinestalls. „Anfangs planten wir für 100 Sauen im geschlossenen System, aber aus finanziellen Gründen entschieden wir, zunächst für 50 Sauen mit 480 Mastplätzen zu bauen“, berichtete Steichen. Aber auch so betrugen die Investitionen 2,5 Mio. €.
Die Abferkelbuchten dienen auch zur anschließenden Aufzucht bis zum Mastalter. „Wir haben 8,4 Quadratmeter innen, was rechnerisch 14 Aufzuchtplätzen entspricht“, so Steichen. Damit spare man sich einen Waschvorgang, und für die Ferkel sei es mit weniger Stress verbunden, wenn sie in der Abferkelbucht verblieben. Die Bucht ist so gestaltet, dass die Sau in der Regel längs vor dem Nest liegt und die Ferkel somit nur einen kurzen Weg zur Sau haben und das Nest gut annehmen. Die Fußbodenheizung kann für den Ferkel- und Sauenbereich separat gesteuert werden. Mit 13,7 abgesetzten Ferkeln je Wurf seit Produktionsbeginn im Juni 2023 ist Steichen sehr zufrieden.
Schwanznekrosen erkennen, die Zusammenhänge verstehen und die Ursachen lösen – das ist seit vielen Jahren ein wesentliches Betätigungsfeld von Mirjam Lechner, Betriebsberaterin der Hofra GmbH, Niederstetten in Baden-Württemberg. „Eine Entzündung ist nicht per se eine Infektion durch Krankheitserreger“, betonte Lechner und wies darauf hin, dass Entzündungsprozesse häufig im Darm begännen. „Ein gesundes Mikrobiom, beispielsweise durch die in Luzernesilage enthaltenen Saponine, ist daher wichtig“, ergänzte sie. Die Ferkel bekommen ansonsten die Endotoxinlast von der Sau ab und haben dann schon bei der Geburt Fieber. Ein auffälliges Liegeverhalten der Ferkel sollte daher ein Warnzeichen sein. Auch hängende Schwänze sind oft ein Anzeichen für beginnende Schwanznekrosen.
So trivial und bekannt es auch ist, die Versorgung mit genug Wasser ist von überragender Bedeutung und wird in der Praxis nach wir vor nicht immer ausreichend beachtet. Auch können sich Wechsel der Tränketechnik negativ auswirken. Wassermangel kann auch Schwanzspitzennekrosen auslösen, und schon ab 19 °C beginnt der Schweinekörper zu reagieren. Bei drei Tagen mit 30 °C fangen auch die Darmzotten an abzusterben. „Wasseruhren zur Kontrolle des Wasserverbrauchs sind daher ein Muss“, so Lechner.
Bioschweine: Chancen und Risiken
Heike Kuhnert vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft und Dirk Klinkmann vom Thünen-Institut für Ökologischen Landbau unterzogen in ihren Untersuchungen die einzelnen Sektoren der ökologischen Landwirtschaft intensiv einer Stärken- und Schwächen- sowie einer Chancen- und Risiko-Analyse. Zu den internen Stärken zählen das hohe Potenzial für Tierwohl und die flächengebundene Tierhaltung, die auch zur Vermeidung von Nährstoffüberschüssen beiträgt. Als interne Schwächen lassen sich die sehr hohen Produktionskosten und die nur wenig verfügbaren Futtermittel sowie fehlende Daten als Grundlage für Beratung und Unternehmensführung anführen.
„Es gibt kaum einen Betriebszweig, wo die Investitionskosten so hoch sind“, betonte daher auch Klinkmann. Als externe Chancen sind zu benennen, dass es eine eindeutige gesetzliche Kennzeichnung durch die EU-Bioverordnung gibt und sich der Lebensmitteleinzelhandel engagiert, weil er eine höhere Wertschöpfung erzielt. „Eine externe Schwäche könnte es werden, dass die Ausdifferenzierung der einzelnen Haltungsstufen es dem Bioschweinefleisch schwerer machen könnte, sich eindeutig zu profilieren“, warnte Kuhnert aber auch.
Insekten in der Schweineernährung?
Prof. Georg Dusel von der Technischen Hochschule Bingen zeigte auf, welchen Beitrag die Larven der Schwarzen Soldatenfliege (BSFL) zur Eiweißversorgung von (Bio-)Schweinen leisten können. „Nach aktueller Rechtslage können acht Insektenarten auch als Futter für Nutztiere eingesetzt werden“, erklärte Dusel und ergänzte: „Es dürfen Proteine aus den verarbeiteten Larven in Mischrationen oder lebende Larven als Einzelfuttermittel verfüttert werden, tote Larven sind hingegen nicht zugelassen.“
Ziel sei es nicht, mit Insektenlarven die gesamte Proteinversorgung sicherzustellen, sondern lediglich den Spitzenbedarf bei zum Beispiel Ferkel führenden Sauen und insbesondere Ferkeln abzudecken. Je nach Fütterung weisen die Larven der Schwarzen Soldatenfliege, mit denen sich die TH Bingen beschäftigt, zwischen 40 und 60 % Rohprotein auf. Hinsichtlich der Aminosäuren könne man auf das Niveau von Fischmehl mit einem hohen Anteil schwefelhaltiger Aminosäuren kommen, erreiche aber nicht das Niveau von Kartoffeleiweiß.
Mit ihrem hohen Laurinsäuregehalt tragen die Larven zur Verbesserung der Darmgesundheit bei. Ab dem vierten Tag beginnen Saugferkel schon die ersten Larven aufzunehmen. Wenn hochwertiger Prestarter und Larven angeboten werden, bevorzugen die Ferkel eindeutig die Larven, wie Versuche bestätigen. Fressen die Ferkel schon während der Säugephase Larven, nehmen sie auch nach dem Absetzen mehr Futter auf. Saugferkel, die Larven aufnahmen, hatten aber nur geringfügig höhere Tageszunahmen, was darauf schließen lässt, dass die Milchleistung der Sauen nicht so hoch sein muss, wenn Larven beigefüttert werden.
„Die Larvenfütterung muss möglichst in eine Kreislaufwirtschaft passen, wofür sich insbesondere Gemüsereste, Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung oder Altbrot eignen“, betonte Dusel. Jährlich 11 Mio. t verschwendete Lebensmitteln oder ungenutzte Nebenprodukte allein in Deutschland stünden theoretisch für die Ernährung der Larven zur Verfügung und könnten zur Deckung des hohen Proteinbedarfs genutzt werden. Im vergangenen Jahr wurde von der EU eine Expertengruppe beauftragt, Vorschläge für die ökologische Insektenproduktion zu erarbeiten. Naturland hat Vorschriften zur ökologischen Insektenzucht schon in seine Richtlinien aufgenommen.
Larvenzucht mit Biogasanlage
Als Doktorandin ist Laura Schneider von der TU Bingen in die Versuche mit Larven der Schwarzen Soldatenfliege intensiv eingebunden. „Vom Ei bis zur fertigen Larve vertausendfachen die Tiere innerhalb von 14 Tagen ihr Gewicht“, wies sie auf das große Potenzial hin. Da die Larven bei 25 bis 27 °C am besten gedeihen, sei ein Anschluss an eine Biogasanlage gut vorstellbar. „Dabei kann die Erzeugung der Larven auch dezentral auf den Betrieben laufen“, berichtete Schneider.
Die Junglarven werden im Alter von fünf bis sechs Tagen bezogen und erzielen nach einer Woche den maximalen Biomasseertrag. Die verbleibenden organischen Rückstände, Insektenfraß genannt, können nach Trocknung mittels Sieben von den Larven getrennt werden. Dabei nehmen die Larven etwaige im Insektenfraß vorhandene Keime nicht mit, sodass aus hygienischer Sicht keine Bedenken bestehen müssen. Ein aus den Larven gebildetes Mehl enthält etwa 50 % Protein, 30 % Fett und 10 % Chitin, das mittels teilweise noch zu entwickelnder Verfahren technisch herausgereinigt werden kann.
Der nach Absieben der Larven verbleibende Insektenfraß kann unter anderem in Biogasanlagen genutzt werden, wie Benjamin Klauk von der TH Bingen aufzeigte. „Die Methanausbeute ist dabei mit Wirtschaftsdüngern vergleichbar“, freute er sich. Allerdings fielen dabei hohe Ammoniakwerte auf. Für Düngeversuche wurde der aus Ausscheidungen der Larven und Resten des Futtersubstrats bestehende Insektenfraß nach einer Hygienisierung pelletiert und zur Düngung von Kartoffeln und Mais eingesetzt. „Die Erträge lagen dabei so hoch wie bei einer Vergleichsdüngung mit einem organischen Handelsdünger“, berichtete Klauk.