Im September ist Premiere: Dann möchte das Amatheurtheater Dittchenbühne in Elmshorn mit Hans Falladas „Bauern, Bonzen und Bomben“ das historische Schauspiel über die schleswig-holsteinische Landvolkbewegung aufführen. Aktuell wird dafür ein männlicher Darsteller als gestandener Bauernanführer gesucht. Doch was ist die Dittchenbühne und was hat es mit dem Forum Baltikum auf sich? Das Bauernblatt war zu Besuch in Elmshorn.
Bei der Dittchenbühne handelt es sich um einen Gebäudekomplex, der nicht nur das Theater beinhaltet, sondern auch ein Mehrgenerationenhaus mit Kindergarten sowie das Stadtteilzentrum Fuchsberg. „Mehr als 40 Jahre leisten wir hier Kulturarbeit“, erklärt der Vorsitzende des Vereins Forum Baltikum – Dittchenbühne, Raimar Neufeldt.
Begonnen hat alles im Jahr 1977 mit einem Treffen von Pädagogen und Sozialpädagogen. „Alle waren ostpreußischer Herkunft, hatten einen Vertreibungshintergrund“, so Neufeldt. Das anfängliche Laienspiel begann zu wachsen und war gefragt. „Wir waren überall unterwegs, haben gespielt, gespielt, gespielt, bis klar wurde, dass wir einen eigenen Raum brauchten“, erinnert sich der Vorsitzende. Zunächst waren sie in der Bismarckschule untergebracht, später in der Koppeldammschule, bis ihnen die Räumlichkeiten gekündigt wurden. Es folgten der Kauf eines Grundstücks und der Umbau einer Scheune auf Voßkuhlen zum Theater, „und das alles ohne öffentliche Zuschüsse“, betont Neufeldt.
1982 gründete sich der Verein Dittchenbühne, der 2006 in Forum Baltikum – Dittchenbühne umbenannt wurde. „Wir haben im Auftrag des Bundes die Hilfen für deutsche Minderheiten im Baltikum und in Nordwestrussland koordiniert.“ 1988 folgten erste Theateraufführungen in Masuren, 1989 begann eine Theaterpartnerschaft mit dem Dramatischen Theater Klaipeda und dem Dramatischen Theater Kaliningrad/Königsberg. Zu den Aufgaben und Zielsetzungen des Vereins gehörten die Förderung der interkulturellen Zusammenarbeit, insbesondere mit den Ostseeanrainerstaaten, innerhalb der Metropolregion Hamburg, im Kreis Pinneberg und in der Stadt Elmshorn, sowie die Pflege und Weiterentwicklung des Kulturgutes der ehemals deutschen Ostgebiete. Mittlerweile habe sich diese Ostarbeit, auch bedingt durch den Ukraine-Krieg, mehr oder weniger erledigt, so Neufeldt. Mitgebrachte Andenken, Kunsthandwerk und historische Artefakte aus dem ehemaligen Ostpreußen und Litauen erinnern an die Zusammenarbeit und die Reisen dorthin. Nach dem Umbau der Scheune erfolgte auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei über die Jahre mit viel Eigenleistung der Aus- und Weiterbau zu dem heutigen Gebäudekomplex, der über die Stadtgrenzen Elmshorns hinaus als feste Kultureinrichtung mit Veranstaltungen, Workshops, Bildungsreisen, Festen, Vorträgen und vielem mehr für Jung und Alt bekannt ist.
Ebenso bekannt ist das gleichfalls neugebaute Theater, samt Theaterbüro, Gruppenräumen, Nähstube und Werkstatt, das mit modernster Theatertechnik ausgestattet ist und 135 Besuchern Platz bietet. Aufgeführt werden anspruchsvolle klassische Stücke, oft mit regionalem Bezug wie in dem für September geplanten „Bauern, Bonzen und Bomben“. Raimar Neufeldt führt Regie und kann auf mehr als 50 erwachsene Amateurdarsteller zurückgreifen, beim Kindertheater sind es sogar noch mehr. In den gut 40 Jahren Theater haben sich zudem reichlich Requisiten und Kostüme angesammelt, auf die zurückgegriffen werden kann und die bei Bedarf geändert und angepasst werden können. Dafür sowie für das Nähen neuer Kostüme stehen zwei Schneiderinnen zur Verfügung, davon eine ehrenamtlich. Unterstützung erfolgt auch durch einen Bühnenmeister sowie viele weitere, überwiegend ehrenamtlich helfende Hände bei mindestens drei Inszenierungen pro Jahr. Bekannt ist die Dittchenbühne auch für das Kindertheater mit dem Aufführen klassischer Märchen zu Weihnachten, das jährlich mehrere Tausend Besucher anlockt. Doch wie in jedem Verein kämpft auch Raimar Neufeldt zusammen mit seinen Mitstreitern zunehmend mit immer mehr werdenden bürokratischen Auflagen und Hürden, steigenden Kosten und Ausgaben bei stagnierenden Besucherzahlen. „Aktuell sind wir dabei, die gesamte Arbeit der Dittchenbühne auf den Prüfstand zu stellen und sie neu auszurichten, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein“, so Neufeldt.
Ausführliche Informationen zum Haus, zum Theater und zu allen weiteren Bereichen sowie zum Programm unter dittchenbuehne.de
Info
Dittchen – ostpreußich für Groschen –, ist eine Bezeichnung, die zusätzlich in Polen bekannt war. Es gibt auch Hinweise auf flämische Herkunft. In Ostpreußen hat sich die Bezeichnung bis zur Vertreibung 1945 als mundartliche Bezeichnung für zehn Pfennige erhalten. Im Mittelalter gab es eine entsprechende Münze, ein silbernes Dittchen. Der Name wurde für den Verein gewählt, weil das Tourneegebiet so weit geht, wie diese mittelalterliche Münze gültig war, von Flandern bis nach Nowgorod.