Einst galten sie als Versammlungsort und als Treffpunkt für Feierlichkeiten oder zum Handeltreiben, heutzutage liegen sie vielerorts im Dornröschenschlaf, bieten aber der Natur einen Raum – die Rede ist von Dorfplätzen oder Dorfangern. Mit einem landesweiten Wettbewerb möchte der Schleswig-Holsteinische Heimatbund (SHHB) gemeinsam mit seinem Kooperationspartner, dem Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag, diese aus dem Schlaf erwecken und Dorfplätze als gefährdetes Kulturgut wieder ins Bewusstsein der Menschen und Medien bringen.
Die Idee für den Dorfplatz-Wettbewerb entstand im Rahmen des ersten, vom SHHB initiierten Alleen-Wettbewerbs 2010. „Damals standen wir als Jury auf einem wunderschönen Platz, der leider die Kriterien einer Allee nicht erfüllte und seinerzeit nicht berücksichtigt werden konnte. Im Rahmen des Dorfplatz-Wettbewerbs wäre es dieses Mal anders“, erklärte die zweite SHHB-Vizepräsidentin und Schirmherrin des Wettbewerbs, Dr. Juliane Rumpf, bei der Auftaktveranstaltung des Dorfplatz-Wettbewerbs in Molfsee.
Der Titel „Dorfplätze in Schleswig-Holstein – Lebendige Plätze für Mensch und Natur“ zeige die wichtigsten Aspekte des Wettbewerbs auf: „Uns geht es um den Dreiklang aus sozialen, ökologischen sowie historisch-kulturellen Aspekten“, sagte Projektleiterin Dagmar Andresen. Der Begriff „Anger“ bezeichne ein meist grasbewachsenes Land oder einen Dorfplatz in Gemeinbesitz, der von allen Bewohnerinnen und Bewohnern genutzt werden konnte. Im Wettbewerb wolle man ganz bewusst den Bogen zwischen Historie und Neuzeit spannen, weshalb der historische Begriff „Dorfanger“ durch „Dorfplatz“ ersetzt worden sei. „Diese Plätze können im Rahmen der Dorfentwicklung auch ohne historische Bezüge neu geplant und modern gestaltet sein. Somit suchen wir Plätze, die noch eine aktive Funktion im Dorfleben haben“, so Andresen. Also Orte zum Verweilen und Entspannen, Orte der Geselligkeit und des dörflichen Miteinanders, die damit einen für heutige Zeiten mehr denn je wichtigen, sozialen Aspekt erfüllten, betonte Juliane Rumpf: „Wir haben viele spaltende Einflüsse, Kräfte, die versuchen, die Gesellschaft in Gruppen zu spalten. Somit ist es umso wichtiger, dass wir Gemeinschaft fördern, indem wir in Dörfern wieder Treffpunkte schaffen und das Miteinander unterstützen.“
Wenngleich viele der Plätze nicht mehr im eigentlichen Sinne genutzt würden, so dienten sie doch vielerorts noch zur Erholung von Menschen und erfüllten darüber hinaus eine wichtige ökologische Funktion, indem sie für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen einen Lebensraum böten. „Oder sie tragen als Trittsteine zur Vernetzung von Biotopen bei. Durch Schutz und Pflege dieser Landschaftselemente kann ein Erhalt der biologischen Vielfalt bewirkt werden, ob das alte Baum- und Strauchbestände um oder auf den Plätzen sind, die Insekten, Vögeln oder Fledermäusen einen Lebensraum bieten, Grünflächen oder Wiesen mit Blühangeboten oder Kleingewässer, an denen Amphibien leben können“, erläuterte Jury-Mitglied Nicole Wilder.
„Somit möchten wir mit diesem landesweiten Wettbewerb auf Dorfplätze aufmerksam machen, die sowohl die soziokulturellen Aspekte als auch insbesondere die naturnahe Gestaltung miteinander verbinden. Es soll deutlich werden, dass die Bedeutung eines zentralen Platzes als Dorfkern damals wie heute eine wichtige Funktion für ein intaktes Dorfleben mit intakten ökologischen Strukturen hat“, fasste SHHB-Vizepräsident Prof. Holger Gerth die in der Präambel genannten Bedingungen zusammen. Eine neunköpfige, interdisziplinäre Jury hat einen Kriterienkatalog erarbeitet, der den Bewertungsrahmen vorgibt.
Bewerbungsschluss ist der 7. Juni, bis dahin können sich Gemeinden, Vereine und Institutionen, aber auch jede Bürgerin oder jeder Bürger mit „ihrem“ Platz bewerben. Alle dafür notwendigen Unterlagen und Teilnahmebedingungen sind auf der Homepage des SHHB unter heimatbund.de zu finden.