Die Auswirkungen des Klimawandels sind in den vergangenen Jahren in Schleswig-Holstein vermehrt spürbar geworden. Das belegt der vom Deutschen Wetterdienst (DWD) neu aufgelegte Klimareport Schleswig-Holstein, den Joschka Knuth (Grüne), Staatssekretär im Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN), am Dienstag in Flintbek überreicht bekam. „Wir müssen den Klimaschutz entschlossen und mit gemeinsamer Kraft angehen und uns schon heute auf nicht zu vermeidende Folgen einstellen“, machte er deutlich.
Knuth nahm das 67-seitige Dokument vom Deutschen Wetterdienst und dem Landesamt für Umwelt (LfU) entgegen. Der Report, den der DWD in Zusammenarbeit mit dem LfU herausgegeben hat, fasst die regionalen Veränderungen des Klimas und die damit verbundenen Auswirkungen auf das nördlichste Bundesland zusammen. Die Erstauflage erschien 2017.
„Die Aktualisierung des Klimareports ist eine wichtige Datengrundlage für die Arbeit der Landesregierung. Sie gibt uns Hinweise für dringend notwendige Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen“, sagte Knuth. „In diesem Monat noch soll das Klimaschutzprogramm im Kabinett verabschiedet werden: Ein zentraler Baustein für unseren Weg zum ersten klimaneutralen Industrieland.“
Niederungen betroffen
Der Klimareport verdeutlicht die bisherigen Auswirkungen des Klimawandels und stellt Prognosen für verschiedene Klimaszenarien der Zukunft auf: So kann der Meeresspiegel bei quasi ungebremsten Treibhausgasemissionen bis 2100 um mehr als 1 m ansteigen. Besonders für die Niederungen sind das keine guten Nachrichten. „Die Auswirkungen des Klimawandels, mit Starkregen und steigendem Meeresspiegel, beanspruchen unsere unter Normalnull gelegenen Landstriche massiv. Mit der Niederungsstrategie und ersten Pilotprojekten unterstützen wir die Betroffenen beim nachhaltigen Wassermanagement und machen Schleswig-Holstein klimafit“, erklärte Knuth.
In Schleswig-Holstein war 2017 die jährliche Durchschnittstemperatur 1,3 K höher als 1881. 2023 waren es bereits 1,6 K. Langfristig wird ein weiterer Anstieg der Temperaturen erwartet. Beim „Weiter wie bisher“-Szenario könnten dies bis 2100 etwa 3,6 K sein. Beim Klimaschutz-Szenario ist eine Erhöhung um „nur“ 1,2 K zu erwarten.
Der Klimawandel führt durch die höhere Lufttemperatur zu mehr Niederschlags-Extremereignissen, denn der Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur und dem Wassergehalt der Luft verläuft exponentiell. Ein hoher Grundwasserspiegel kann das Hochwasserrisiko zusätzlich erhöhen, wie erst kürzlich über den Jahreswechsel deutlich wurde. Mit der Sturmflut an der Ostsee und den schweren Überflutungen an der Nordsee wurde deutlich, worauf sich Schleswig-Holstein in Zukunft einstellen muss. Sogenannte Jahrhundertereignisse werden zukünftig immer häufiger auftreten. Dabei schwanken die Extreme oft zwischen zu viel und zu wenig. Insgesamt hat die Jahresniederschlagsmenge seit 1881 im Land um rund 123 l/m2 zugenommen.
„Voraussichtlich werden Extremsituationen wie andauernde Trockenheit und Zeiten erhöhter Niederschläge insgesamt zunehmen“, so Matthias Hoppe-Kossak, Direktor des LfU. Der Report verdeutliche beispielhaft die bereits vorhandenen Auswirkungen des Klimawandels – etwa auf den Boden. So halten die Folgen des Dürrejahres 2018 regional, trotz aktuell intensiver Niederschläge, für den Bodenwasserhaushalt, das Pflanzenwachstum und die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein an. Hoppe-Kossak erläuterte die bisherigen Veränderungen ergänzend anhand der Temperaturentwicklung. Die fünf wärmsten Jahre in Schleswig-Holstein seit Beginn der Temperaturaufzeichnung im Jahr 1881 liegen in der Zeit von 2014 bis 2022.
Einbußen bei Erträgen
Eine Auswertung der Ertragsermittlung des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein zeigt, dass landesweit die Ernteerträge 2018 im Vergleich zum langjährigen Mittel (1991 bis 2022) bei allen sieben betrachteten Ackerfrüchten um etwa 20 % sanken.
Die sandigen und grundwasserfernen Böden der Geestlandschaften waren am stärksten von Ertragsausfällen infolge der Trockenheit betroffen. Diese könnten sich somit in Zukunft mit steigenden Temperaturen und sinkenden Sommerniederschlägen als zunehmend ertragsunsicher erweisen und die Anpassungsfähigkeit vieler Tier- und Pflanzenarten sowie der Lebensräume fordern. Eine klimaangepasste Bewirtschaftung in allen Bereichen ist deshalb für Schleswig-Holstein von besonderer Bedeutung.
Auch die phänologischen Jahreszeiten – also die im Jahresverlauf periodisch wiederkehrenden Erscheinungen in der Natur – und damit einhergehend die Vegetationsperiode haben sich schon jetzt nachweisbar verändert und werden dies voraussichtlich weiter tun. „Mit potenziell weitreichenden Folgen für die Vielfalt und Stabilität von Arten und Ökosystemen, der Lebensgrundlage unserer Gesellschaft“, machte Knuth deutlich.
Dr. Christina Koppe, DWD-Abteilungsleiterin Klima- und Umweltberatung, verdeutlichte: „Der Klimawandel ist auch in Schleswig-Holstein Realität und zeigt sich bei den verschiedenen im Klimareport ausgewerteten meteorologischen Größen. Der Klimawandel stellt für jeden von uns eine bedeutende Herausforderung dar, etwa durch vermehrt auftretende Tage mit starker Wärmebelastung oder durch eine steigende Häufigkeit und Intensität von extremen Witterungsereignissen wie längeren Dürreperioden oder lokal auftretenden Starkniederschlagsereignissen.“
Die Jahresmitteltemperatur ist in Schleswig-Holstein im Zeitraum 1881 bis 2022 um 1,6 K angestiegen. Im Zuge dessen hat sich die Anzahl heißer Tage seit 1951 mehr als vervierfacht. Im Sommer 2022 wurde in Grambek, Kreis Herzogtum Lauenburg, mit 39,1 °C ein neuer Temperaturrekord für Schleswig-Holstein vom DWD gemessen. Das sich bei fortschreitendem Klimawandel verändernde Klima in Schleswig-Holstein wird das Land in den nächsten Jahrzehnten vor besondere Herausforderungen stellen.
Der Klimareport Schleswig-Holstein ist beim LfU in gedruckter Form bestellbar und online abrufbar unter dwd.de/klimareports