Ob effiziente Ausbringtechnik für Dünger, kraftstoffsparende Motoren oder der Einsatz von Robotern und Künstlicher Intelligenz – die auf der Agritechnica in Hannover zur Schau gestellten Neuentwicklungen waren allesamt mit dem Begriff Nachhaltigkeit überschrieben. Das passt zum selbst gewählten Messe-Motto „Green Productivity“ und trifft den Zeitgeist in mehrerlei Hinsicht. Zum einen weil Verbraucher und Kunden zunehmend nach nachhaltigen Produkten verlangen und zumindest teilweise bereit sind, Geld dafür zu bezahlen, aber auch weil die politischen Rahmenbedingungen immer mehr Klimaschutzmaßnahmen und CO2-Einsparungen erfordern.
Die Landtechnikbranche arbeitet zwar stetig an Effizienzsteigerungen, aber die derzeitigen Krisen und resultierend die steigenden Betriebsmittel- und Energiepreise haben den Innovationsdruck deutlich erhöht. Zusätzlich haben in den vergangenen Jahren Kamera- und Sensortechnik sowie Rechenpower von Computern zugelegt. Auch die Schnittstellenarbeit hat sich verbessert und lässt unterschiedliche Systeme besser miteinander kommunizieren.
Die Kommunikation hakt eher zwischen Umweltpolitikern und Vertretern der Praxis. Zu schnelle und zu hohe Umweltauflagen können Innovationen abwürgen, denn wenn Landwirtschaft nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann, verschwindet sie und damit Wertschöpfung und die Basis einer stabilen Lebensqualität im ländlichen Raum. Politik soll und muss lenkend wirken, aber bitte durch gezielte Förderung und weniger durch Verbote. Denn auch Umweltschutz braucht aktive Landwirte, damit beispielsweise Maßnahmen für mehr Artenvielfalt oder CO2-effiziente Nahrungsmittelproduktion flächendeckend umgesetzt werden können. Warum sich Brüsseler Umweltpolitiker in einen Überbietungswettbewerb an Verbotszielen begeben, ist vor diesem Hintergrund schleierhaft.
Abseits von drohenden Verboten spiegeln sich große Ingenieurskunst und die Freude, neue technische Möglichkeiten zu erschließen, in den Produkten der Austeller wider. Davon wollten sich offenbar viele Technikbegeisterte selbst überzeugen. Die Hallen waren voll. Die vom Veranstalter anvisierte Besucherzahl von 400.000 scheint realistisch. Insgesamt 2.800 Aussteller aus 52 Ländern präsentierten vor Ort ihre Nachhaltigkeitslösungen. Der Anteil internationaler Aussteller war laut Veranstalter mit 65 % so hoch wie nie. Den größten Anteil daran hat Italien (351 Aussteller), gefolgt von China (182), der Türkei (159) und den Niederlanden (141).
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) war zum ersten Mal auf der Agritechnica. Er zeigte sich positiv beeindruckt, welch bedeutende Rolle Nachhaltigkeit bei den Landtechnikunternehmen mittlerweile einnimmt. Hoffentlich hinterlässt die Innovationskraft einen nachhaltigen Eindruck beim Minister, damit dieser gegenüber der Branche mehr Vertrauen und weniger Regulierungsdrang verspürt. In Sachen Pflanzenschutzmitteleinsatz und Kommissionsvorschlag zu dessen Reduzierung zeigt er sich mit seiner Kritik daran bereits pragmatisch. Schließlich liegt hier zum Beispiel im Spot-Spraying enormes Einsparpotenzial. Die politische Marschroute sollte also lauten: Innovationen klug fördern, statt die Branche flächendeckend mit Verboten abzuwürgen. Dann klappt es auch mit mehr Nachhaltigkeit – denn Ökonomie gehört dazu!