Vergangenes Jahr bewegten sich die hiesigen Futtermittelpreise noch bei höchsten Kursen. Für Rapsschrote wurden hierzulande teilweise über 400 €/t gefordert und auch Futterweizen knackte zum Oktober 2022 die 300-€-Marke. Dieses Jahr stehen die Marktteilnehmer vor grundsätzlich anderen Bedingungen.
Durch die vielen Wochen mit Niederschlägen vor der und bis in die Erntezeit hinein kam es vielerorts in Deutschland zur Ernte von Futtergetreide anstelle von Brotqualitäten. Zudem bedingt das weltweit wirkende Wetterphänomen El Niño ein vermehrtes Aufkommen von Futtergetreide am Weltmarkt. Das war zusätzlich förderlich für Russlands Exporte.
Der Druck auf den Futtermittelmarkt ist aktuell hoch. Günstige Partien aus Russland und der Ukraine füllen noch die Lager der Händler, sodass es scheint, als sei der Boden erreicht. Doch nicht nur der erhöhte Angebotsdruck setzt den Preisen auf dem Futtermittelmarkt zu, auch die sinkenden Tierzahlen und Unsicherheiten der Einkäufer lassen vorerst keine Preissteigerung zu. Besonders in der Schweinehaltung lassen sich rückläufige Zahlen beobachten. Von November 2022 bis Mai 2023 wurden 650.000 Tiere weniger verzeichnet, sodass die Zahl deutschlandweit auf 20,7 Millionen Schweine sank. Im Vergleich zu 2021 sind das vier Millionen Tiere weniger. Das wirkt sich natürlich auf die Nachfrage nach Futtermitteln aus.
Schrotpreise auf Vorkriegsniveau
Besonders die proteinhaltigen Futtermittel verzeichneten zuletzt eine Rückwärtsbewegung in Richtung Vorkriegsniveau. Zum Januar 2022 pendelten die Preise für Soja- um die 420 €/t und für Rapsschrote um die 350 €/t. Aktuell sind die Preise verglichen mit dem Vorjahr ganze 100 €/t günstiger und liegen sogar unter dem Vorkriegsniveau bei zirka 320 €/t. Politische Meldungen sind nun vermehrt eingepreist worden und die Börsen reagieren gelassener auf das Angriffsgeschehen in der Ukraine als in den vergangenen Monaten.
Der Nahost-Konflikt wird sich wohl nicht so stark auswirken wie das Kriegsgeschehen in der Kornkammer am Schwarzen Meer. Dennoch sollten die Auswirkungen der steigenden Ölpreise auf wichtige Börsenindizes nicht außer Acht gelassen werden. Auch Handelssperren durch Israel sind möglich, welche die Hauptschlagadern der weltweiten Öl-Transporte in der Straße von Hormus behindern könnten. Eine Kappung der Marktversorgung führt zu teurem Öl und könnte somit zu einer Erhöhung der Produktions- und Transportkosten führen. Allerdings ist die Abhängigkeit von der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) heute deutlich geringer, denn Norwegen, Großbritannien oder die USA sind starke Konkurrenten.
Neues Gesetz trifft Mischfutterhersteller
Seit Jahresanfang 2023 trat das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Dieses soll den Menschenrechts- und Umweltschutz in Lieferketten sicherstellen und gilt vorerst für Unternehmen ab 3.000 Arbeitnehmern. Zum nächsten Jahr wird diese Schwelle auf 1.000 Arbeitnehmer sinken, was die Mischfutterhersteller vor eine Herausforderung in den Bereichen Organisation und Beschaffungslogistik von Rohstoffen stellt. Im Bundesgebiet handeln noch viele Unternehmen beispielsweise mit Russland.
Unter den Voraussetzungen beziehungsweise der Compliance-Maßnahmen des LkSG dürfte sich der Einsatz von russischem Getreide hierzulande schwierig gestalten. Damit verknappt sich das Angebot an Futtergetreide anderen Ursprungs und dürfte steigende Preise nach sich ziehen. Vor diesem Hintergrund sollten Landwirte nun rechtzeitig mit der Planung für den Einkauf von Futtermitteln und Kontraktabschlüssen beginnen.